Es ist wieder Zeit für den Mostdope-Jahresrückblick. Jeden Adventssonntag blicken wir auf das Jahr 2021 zurück und stellen euch unsere Bestenlisten in verschiedenen Kategorien vor. Welche Künstler*innen haben das Jahr mit ihren Songs, EPs oder Alben am meisten geprägt für uns?
Zum 3. Advent stellen wir euch hier unsere Top 10 der deutschen Singles vor. Welche Songs aus diesem Jahr hat die Redaktion am meisten gefeiert?
Checkt auch die anderen Listen:
• Top 10 internationale Singles 2021
• Top 10 internationale Alben 2021
Honorable Mentions:
Bevor die vordersten zehn Plätze kommen, gibt es hier noch einmal eine Auswahl an Tracks, die das Ranking nur ganz knapp verpasst haben. Unter den knapp zur Auswahl stehenden Songs bei unserer Bestenliste haben es diese fünf Tracks zwar nicht ganz nach oben geschafft, aber unser Jahr 2021 ebenfalls stark geprägt.
- BRKN – Jede Nacht
- Haftbefehl & Soufian – Wieder am Block
- Danger Dan – Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt
- Disarstar – Nachbarschaft
- Gianni Suave – Ketten
Platz 10: Kalim – Pain (VÖ: 19.03.21)
Schmerz verdrängen mit Painkillers – eine oft genutzte Rahmensetzung in Rapsongs. Auch KALIM ist dahingehend kein unbeschriebenes Blatt und droppt regelmäßig Anspielungen auf sein Mittel der Wahl, Makatussin. Nicht umsonst kommt das Singlecover zu »PAIN« sogar in visueller Anlehnung an das Schmerzmittel.
Musikalisch liefert der Hamburger Rapper wie seit Jahren verlässlich ab. Er hat eben seine Formel und das nicht nur textlich: Stammproduzent Bawer liefert den modernen Trapunterbau, KALIM bewegt sich darüber wie gehabt zielsicher und berichtet von finanziellen Unabhängigkeiten, drogenverhangenen Nächten und eben dem Schmerz, den man trotz alledem weiter unterdrücken muss.
Platz 9: Ahzumjot & OG Keemo – Haifisch (VÖ: 25.03.21)
“Your favorite rapper’s favorite rapper” – Ahzumjot kann von dieser häufig genutzten Phrase ein Lied singen. Das Problem bei aller gezeigter Liebe von Journalist*innen, Day Ones und Rapkollegen: Irgendwoher muss auch das Geld für die Miete kommen.
Genau diese Thematik behandelt Ahzumjot auf »Haifisch« ausführlich und holt sich für die Albumversion mit OG Keemo einen ähnlich von der Kritik geliebten Rapper ins Boot. Mit gespitzten Zähnen hauen die beiden ein Brett raus, auf dem Bescheidenheit so gar keine Rolle spielt und stattdessen in den Angriffsmodus gewechselt wird.
“Will den Hype und bin nicht hier umsonst”
Platz 8: Paula Hartmann – Truman Show Boot (VÖ: 08.10.21)
Paula Hartmann hat gerade mal vier Songs draußen, aber ausnahmslos jeder davon zeigt, was für ein Talent hier gerade am Startpunkt ihrer Musikkarriere ist. Das wäre dann auch schon die zweite Karriere, die die Berlinerin erfolgreich meistert, denn Paula ist bereits seit jungen Jahren als Schauspielerin aktiv. Nun also die Musik und nicht nur Four Music als signendes Label zeigt sich begeistert.
Die 20-Jährige schafft mit ihren Texten wahnsinnig stimmungsvolle Bilder über lange Nächte, Leere und verlorene Liebe. Ganz besonders ihre zweite Single »Truman Show Boot« lässt sich textlich herrlich sezieren. Neologismen, metaphorische Zeilen über die eigene Gefühlswelt und das alles visualisiert im treibenden Video lassen diesen Track beinahe zu einem musikgewordenen Coming-of-Age Film werden – und vereinen so ihre beiden Karrieren zu einer.
Das Next Up zu Paula Hartmann findet ihr hier.
Platz 7: Shindy – Im Schatten der Feigenbäume (VÖ: 13.08.21)
Allein das Begleitdrama rund um Shindys »Im Schatten der Feigenbäume« war größer als so manches ganzes Albumrelease im deutschen Hip-Hop dieses Jahr. Die erste Single vom selbst ernannten Papi des Deutschraps wurde ursprünglich am 13. August hochgeladen. Doch dass er ein Die Schöne & das Biest Sample genutzt hat, missfiel Disney gewaltig und der Song musste wieder runtergenommen werden. Nach einigem Hin und Her wurde der Track schließlich am 10. September erneut hochgeladen, diesmal aber “nur” mit einem OZ Beat. Auch wenn die Originalversion vielleicht noch einen Ticken stärker ist: Der referenzgespickte Text und die typisch überheblich gehaltene Delivery sind wie gewohnt sehr stark und verspechen einen Shindy in Höchstform für das kommende Album.
Platz 6: Calli, Isi I & kareem – High Off Love (VÖ: 08.04.21)
Unsere Story-Empfehlungen am Freitagmorgen und unser Rewind-Format bringt gefühlt jede Woche neue Perlen zutage. Bereits im April kamen Krow und Roman mit dem neuen Song von den Dortmunder Rapper*innen Calli, Isi I und kareem um die Ecke und zeigten sich vor allem begeistert von den sphärischen Instrumentals von clockwork und den zeitgeistigen Lyrics der drei Artists.
Seitdem geistert der Track quer durch die persönlichen Playlists der gesamten Redaktion und hat das gesamte Jahr 2021 auf eine Art begleitet. Egal, ob im Sommer in den späten Abendstunden im Park oder als Hintergrundmusik beim Spazierengehen durch die Stadt in der kälteren Jahreszeit – »High Off Love« wird mit seinem geschaffenen Vibe bei uns immer ein Stück 2021 mitgeprägt haben.
Platz 5: 01099 – Durstlöscher (VÖ: 14.05.21)
An 01099 kam man im Jahr 2021 einfach nicht vorbei. Gustav, Dani, Paul und Zachi aus Dresden-Neustadt haben ihre Postleitzahl bis in die hinterletzten Dörfer Deutschlands getragen und sich mit ihrem frischen Stil in diesem Jahr ihren Platz auf der Deutschrap-Karte gesichert.
Ganz besonders »Durstlöscher« ist dabei vielleicht die Standout-Single und ganz sicher einer der Sommerhits des gesamten Jahres. Der transportierte Vibe von Flunkyball (oder Bierball, wie es anscheinend in Dresden heißt) spielen mit der Freundesgruppe im Park und einer generell sorgenfreien Zeit steht dabei im Zentrum und wird von den Jungs perfekt rübergebracht.
Platz 4: Schmyt & RIN – Gift (VÖ: 02.04.21)
Die vergangenen 1 1/2 Jahre müssen sich für Schmyt zeitweise wie ein Traum angefühlt haben. Über die ersten Sologehversuche 2020 mit den Singles »Niemand« und »Taximann« oder dem Feature bei Majan ging es bei dem Ex-Frontmann von Rakede dann sehr schnell ins Rampenlicht: Signing bei DIVISION, eine von Haftbefehl attestierte “aktuell beste Stimme Deutschlands” samt Feature beim Azzlack-Oberhaupt bis hin zur ersten eigenen EP.
Die kam inkl. des Titeltracks mit Labelkollege RIN, der endgültig für die Aufmerksamkeit einer breiteren Masse sorgte. »Gift« handelt vom Entfliehen einer toxischen Situation – nur dass die Ablenkung in etwas mindestens genauso Toxischem endet. Dass man dabei nie genau raushört, ob er nun “Gift” oder “dich” in der Hook singt ist nur eins der vielen kleinen Details, die den Track so speziell machen und ihn zu einem der stärksten Songs des Jahres machen.
Den Soundcheck zur »Gift«-EP findet ihr hier.
Platz 3: Nura – Fair (VÖ: 19.08.21)
Was ist fair? Auch im Jahr 2021 kann man auf diese Frage noch lange nicht zufriedenstellend antworten, zu viel läuft nach wie vor viel zu falsch. Nura ist in dieser Thematik generell eine der lautesten Stimmen Deutschlands und ihr Song »Fair« vom Album »Auf der Suche« ist dabei der vielleicht anklagendste und gesellschaftskritischste Track des Albums. Mit Zeilen wie “Findest Feminismus lustig, weil du’s nicht so siehst / Doch wenn ich Max heißen würde, würd ich mehr verdienen” oder “Warum ist es der Flüchtling, der dir Angst macht und nicht die Nazis im Landtag?” zeigt sie so klar wie kaum jemand sonst auf, was auch heute noch gravierend falsch läuft.
Platz 2: OG Keemo – Regen (VÖ: 11.08.21)
Beim neunten Platz noch als Feature gelistet, hat sich OG Keemo mit einem Solosong in unserem Ranking den zweiten Platz gesichert. Ursprünglich sollte sein neues Album bereits in diesem Jahr erscheinen, doch dieser Plan wurde verworfen und »Mann Beisst Hund« kommt nun offiziell im Januar 2022. Untätig blieben er und Partner in Crime Funkvater Frank aber trotzdem nicht und drei veröffentlichte Singles gaben den Rahmen des Albumsounds schon etwas vor: »Malik«, »Blanko« (feat. Kwam.E) und »Regen«.
Letzterer ist im Gegensatz zu den ersten beiden deutlich düsterer gehalten und zu einer Zeit geschrieben worden, in der Franky und er beide einiges im Kopf hatten, das verarbeitet werden musste. Kein Wunder, dass dadurch ein Track entstanden ist, der ziemlich tief schürft und mit seiner ganzen transporierten Energie definitiv qualifiziert für eine Perfomance-Show bei COLORS gewesen ist. »Mann Beisst Hund« kann nicht früh genug kommen.
Platz 1: Verifiziert – Schlaflos (VÖ: 18.02.21)
Aus Wien ist in letzter Zeit enorm viel gute Musik nach Deutschland geschwappt: Eli Preiss, fiio, Bibiza, Jonny5… die Liste ist lang. Eine Wienerin hat es uns in diesem Jahr aber ganz besonders angetan. Unser Song des Jahres »Schlaflos« kommt von Verifiziert und hat wie kein anderer Track so eindrücklich verträumt-verwirrte Bilder aus dem Leben der jetzigen Generation gezeichnet.
“Wo kommen all die sad vibes wieder her?” fragt sich die Mittzwanzigerin in unserem Lieblingssong 2021 und spricht damit vermutlich allen aus der Seele, die schon einmal nachts allein ohne Begleitung nach Hause gelaufen sind und eigentlich anders gewollt hätten. Auf dem von Erotik Toy Records-Hausproduzenten Florida Juicy gebastelten Instrumental formuliert Veri einfache und gerade deswegen immer treffende Zeilen über Emotionen, die einem nur zu ganz bestimmten Momenten durch den Körper gehen aber alle ganz bestimmt schon mal gehabt haben.
Wenn es nach uns geht hat 2021 niemand so schön-traurig getextet wie Verifiziert – und dieses Jahr damit perfekt abgebildet. Bei ihrem bisherigen Output können wir beinahe prophezeien, dass das nicht das letzte Mal bleiben wird, wo Veri in unseren Jahresendlisten auftaucht.
Das Next Up zu Verifiziert findet ihr hier.