Spotlight: slowthai Der britische Rapper im Porträt
Foto via Universal Music

slowthai – Embracing The Ugly

slowthai ist ungebunden in der britischen Rapszene. Von seiner Heimatstadt Northampton, außerhalb der großen Metropolen, bis zu seinen musikalischen Einflüssen. Das heißt nicht, dass er vollständig unabhängig von dieser ist (zwei Skepta-Features auf drei Alben) – er existiert nur eben auch außerhalb. Dies ist spätestens jetzt auf dem gerade erschienenen »UGLY« zu erkennen, wo Post-Punk (»Selfish«), Indie-Pop (»Feel Good«) und glitchy-unerklärliche Sounds (»Yum«) auf sich windende Flows, wiederholte Mantren und rohen Gesang über die eigenen Abgründe, Selbstliebe und die mentale Gesundheit dazwischen treffen.

Ein gezeichnetes Leben

Tyron Frampton aka Slow Ty und später slowthai wird 1994 in Northampton geboren. Er erfährt beim Aufwachsen immer wieder herbe Rückschläge und gerät in eine Perspektivlosigkeit, die ihn thematisch auf allen seinen Alben begleitet. In seinem Debütalbum »Nothing Great About Britain« (2019) manifestiert sich diese Perspektivlosigkeit vor allem durch einen Blick nach außen. Der bevorstehende Brexit, ein zerfallendes Gesundheitssystem, Drogenprobleme und umliegende Armut geben ein Bild von seinem Umfeld, das nicht immer angenehm zu hören ist. Verzerrte Synths und irreguläre Drumbeats schaffen ein unruhiges und teilweise unangenehm rohes Soundbild, das in Symbiose mit einer erratischen Delivery steht.

Zwei Jahre später erscheint 2021 »TYRON«; ein thematischer Übergang zwischen Blick nach außen und Introspektive, der vor allem zugänglicher im Sound als der Vorgänger ist. Auf einer Hälfte Trap-Banger und einer Hälfte gefühlvoller Songs versammeln sich hochkarätige Features wie u.a. A$AP Rocky, Dominic Fike und James Blake.

(Hier geht’s zur Album Review von »TYRON«)

Keiner hätte es slowthai übel genommen, an diesem Erfolgsrezept weiter aufzubauen und das Folgealbum ähnlich zu gestalten. Jedoch zeigt »UGLY« (2023), dass er auch dahingehend nicht gebunden ist. Die Kollaborierenden heißen auf diesem Projekt nicht A$AP Rocky oder Skepta, sondern Fontaines D.C., Beabadoobee und Jockstrap. Inmitten einer Renaissance von Prog-Rock und Post-Punk auf den britischen Inseln werden Synths durch verzerrte Gitarren ersetzt und die Trap-Drums weichen für punkiges Schlagzeug. »UGLY« ist dabei das Ziel einer Reise von der Außen- in die Innenwelt, bei der die Texte ähnlich roh wie auf »Nothing Great About Britain« sind, nur eben selbstbezogen in die Abgründe seiner Psyche.

Es ist schwierig zu sagen, was für den mittlerweile 28-Jährigen als nächstes kommt, aber eins ist sicher: es wird authentisch, selbst wenn es unangenehm ist.