Soundcheck: Danger Mouse & Black Thought - Cheat Codes
Cover via BMG Rights

Black Thought und Danger Mouse zählen zu den besten ihres Fachs – keine »Cheat Codes« erforderlich

Ein Album, das schon ewig in Arbeit ist, über das schon lange unter der Hand gemunkelt wurde und auf das Fans und Hip-Hop Heads schon seit den ersten Ankündigungen im Mai gespannt warten ist nun endlich erschienen. Zeit, sich das Kollaboalbum »Cheat Codes« genauer anzuschauen.

Es gibt Künstler*innen, die einen so großen Einfluss haben auf die Musik ihrer Zeit und dennoch nicht annähernd das Spotlight bekommen, welches sie verdienen. Besonders in Deutschland werden gerade jüngere Hip-Hop Fans Black Thought vor allem aus der amerikanischen Tonight Show von Jimmy Fallon kennen. Dabei ist Tariq Trotter (bürgerlicher Name von Black Thought) zweifellos einer der besten MCs unserer Zeit. Seit Anfang der 90er ist er als Gründungsmitglied von The Roots ein fester Bestandteil der Hip-Hop Szene und hat sich durch seinen intelligenten, extrem unbeugsamen und schon immer politischen Rap einen Namen gemacht, der auch noch von der jungen Generation sehr hoch gehalten wird. The Roots, die Hip-Hop Supergroup aus Philadelphia, ist bis heute ungeschlagen darin, Live Instrumente mit Hip-Hop zu verbinden. Jedes einzelne Mitglied, von Drummer Questlove, zu Pianovirtuose James Poyser bis hin zu Leadrapper Black Thought selbst, ist dabei Meister seines Fachs. Es ist selten, das man eine Band sieht, die nicht nur so außerordentlich gut ist in dem was sie tut, sondern mit jedem neuen Projekt nur noch besser wird und nach all der Zeit auch noch so viel Spaß dabei hat. Genau dadurch sticht Black Thought auch hervor. Er ist ein wahrer Meister des Reimens, der schon immer mit den Instrumenten in einem Flow ist, dabei aber durch seinen fast schon starren Stil aber niemals untergeht. 


Genau das macht diese Kollaboration auch so außerordentlich gut. Danger Mouse, der schon immer Respekt für die alte Schule hat und außerdem als Produzent mittlerweile ein mehr als überzeugendes Portfolio hat, übernimmt die gesamte Instrumentalarbeit und liefert dem MC die passenden Unterbauten. In seinen Kollaborationsprojekten mit MF DOOM oder als eine Hälfte von Gnarls Barkley, aber auch als Produzent von Größen wie Adele, The Black Keys und Karen O hat er bewiesen, wie unglaublich vielschichtig seine Producerarbeit ist. Dennoch wird er in mir immer einen Fan haben für eines seiner ersten Projekte: »The Grey Album«. Ein fast schon wahnsinniger Mashup des »White Album« der Beatles, das er mit dem »Black Album« von Jay-Z fusioniert hat. Zwei klassische Alben der Populären Musik, die beide auf ihre Weise Kultstatus haben und aus denen Danger Mouse sein ziemlich geniales »The Grey Album« produziert hat. Danger Mouse hat Black Thought bereits 2005 auf seinem gemeinsamen Projekt mit MF DOOM »The Mouse & The Mask« mit ins Boot geholt – die jetzige Zusammenarbeit kommt also nicht gänzlich aus dem Nichts.

Was mich jetzt auch endlich zu dem langersehnten Album »Cheat Codes« bringt. Zeitlos ist ein Wort, das schnell fehlinterpretiert werden kann – etwas das halt nie aus der Zeit kommt aber auch nie wirklich im Trend war. Für mich bedeutet es im Kontext von Musik und insbesondere mit diesem Album, dass »Cheat Codes« einerseits vor 20 Jahren hätte erscheinen können, sich dann gleichzeitig aber auch anhört wie nichts was es damals gab oder jetzt gerade im Umlauf ist. Einfach, weil es eben nicht den schnelllebigen mainstreamradiofreundlichen Musiktrends folgt. Es geht nicht um Verkaufszahlen oder darum, wer die fetteste und teuerste Produktion hat. Nein, »Cheat Codes« lebt in seiner eigenen Zeit. Es geht um Werte, um gute Lyrics, um die Fähigkeit mit Worten ganze Bildlandschaften zu erzeugen, die im perfekten Einklang mit den maßgeschneidert ausgewählten Samples steht. Genau diese Atmosphäre wird bereits durch den Intro Track »Sometimes« erzeugt. Danger Mouse hat hier ein Sample aus »Love Without Sex« von Gwen McCrae gekonnt eingesetzt und schafft durch die Streichinstrumente eine melancholische Atmosphäre, die perfekt zu Black Thoughts Text passt.


Auf »Sometimes« folgt »Cheat Codes«, welches das Album betitelt und für mich einer der stärksten Tracks ist. Zu hören sind hier die großartigen Drums aus »Loaded Back«. »Cheat Codes« erschafft eine psychedelische Atmosphäre, die stark an die späten Sechziger Jahre erinnert. Black Thought glänzt wiederum lyrisch, indem er das Leben – oder vielmehr das Überleben – als Schwarze Person mit dem Überleben in einem Videospiel vergleicht: 

In the hood, mouth full of blood, tasting the same sting / Playing a game, trying hard to hang by the same string / You better get the cheat code or get RICO-ed, n***a / Bad credit get your shit repoed, listen

Auf den doch psychedelisch-düsteren Track folgt »The Darkest Part«, auf dem die beiden sich Unterstützung von New York Legende und Wu-Tang Clan Mitglied Raekwon holen. Im Refrain ist die Sängerin Kid Sister zu hören und hier komme ich zu einem meiner wenigen Kritikpunkte. Kid Sister ist leider die einzige weibliche Künstlerin, die auf diesem Album zu hören ist. Gerade von Black Thought, der schon einige weibliche MCs unterstützt hat, hätte ich mir mehr Female Empowerment gewünscht. Ein Feature von Rapsody, Little Simz oder Yugen Blakrok hätte perfekt zu diesem Projekt gepasst. Dennoch: Trotz fehlender weiblichen Stimmen sind die anderen Features äußerst passend ausgewählt. Der gerade erste selbst released habende Joey Bada$$ überzeugt auf dem ruhigen Track »Because« und zeigt, wieso auch New Yorker Legenden wie Nas und Diddy ihn zurecht als alte Seele bezeichnen (lies hier die Review zum neuen Album). Auf »Belize« schließt sich der Kreis durch ein Feature des verstorbenen MF DOOM mit einem Track, der das ein oder andere Herz schwer werden lässt. Gefühle, die durch den darauffolgenden Track »Aquamarine« mit Michael Kiwanuka genau richtig aufgefangen werden (zur Review des Tracks geht es hier). Etwas mehr Aufschwung bekommt das Album dann auf »Strangers«, einem sehr energetischen Track, der einerseits durch A$AP Rocky und anderseits Run The Jewels auch einige Nachwuchs Hip-Hop Heads zurecht abholen wird.
 


Insgesamt haben Danger Mouse und Black Thought mit »Cheat Codes« eine extrem atmosphärische Landschaft geschaffen, die zwar zum großen Teil eine fast schon mystisch-, düstere- und melancholische Schwere mit sich trägt und andererseits auch durch psychedelische Boom Bap-Momente glänzt. Ein sehr gelungenes Album, das meine eh schon hohen Erwartungen mehr als erfüllt hat. Alleine durch den Outrotrack »Violas und Lupitas« wird »Cheat Codes« für immer einen Platz in meinem Herzen haben.