Interview: Meechy Darko; Mostdope - Hip-Hop Magazine
Foto via Ellington Hammond

Meechy Darko ist gerade dabei seine Bucket List abzuhaken

Meechy Darko wird den meisten als Mitglied des Trios Flatbush ZOMBiES bekannt sein, die vor allem für ihren auf gute Weise abgedrehten und leicht psychedelischen Hip-Hop bekannt sind. Der Rapper aus Brooklyn hat die Zeit während Corona jetzt genutzt, um an einem Soloalbum zu arbeiten. Er zeigt auf »Gothic Luxury« eine ganz neue Seite von sich, die aber dennoch mehr als nur überzeugt. Wir hatten die Gelegenheit, Meechy vor seinem Albumrelease über Zoom zu interviewen.

Bevor wir uns den düstereren Themen widmen, wollte ich dich zu allererst zu der Visualisierung und dem ganzen Design deines Albums befragen. Der Titel ist »Gothic Luxury«, auf dem Cover selbst bist du mit einem Engels- und einem Teufelsflügel abgebildet. Dazu kommt das Spinnennetz Design in deinen Haaren und das schwarz-weiße Design. Könntest du uns mehr zu deinem Konzept verraten?
Ich fange mal mit dem Letzterem an. Für schwarz-weiß habe ich mich entschieden, da ich das Gefühl hatte, wenn die Leute sonst an Flatbush Zombies oder meine Musik denken, dann denken sie gleichzeitig an bunt und psychedelisch. Ich wollte die Farben etwas abdämpfen. Ich mag Gegenüberstellungen, ich mag es gegen den Strom zu schwimmen. Manchmal ist das zu meinem Nachteil aber manchmal stoße ich damit auch auf Gold. Für mein Farbkonzept finde ich es einfach sehr zeitlos. Viele meiner Lieblingsfilme sind in schwarz-weiß, irgendetwas daran macht sie einfach klassischer.

Bei den Flügeln habe ich einfach das Gefühl, dass die Leute mich so persönlich wahrnehmen. Viele Leute nehmen mich als sehr düster wahr, aber viele sehen auch das Licht in mir. Es geht dabei also mehr darum, wie ich auf andere wirke und weniger darum, wie ich mich selber wahrnehme. Ironischerweise hat mich meine Mutter als ich klein war immer ihren Engel und meine Oma immer ihren kleinen Teufel genannt (schmunzelt). Das ist einfach nur das Leben, das ist einfach, wie Leute mich sehen und darum habe ich mich dazu entschieden, es auch aufs Cover zu tun. Ich hab da wirklich nicht zu tief drüber nachgedacht. Weil so werde ich einfach wahrgenommen, ich meine, so werden die meisten von uns wahrgenommen, weißt du? Als Sündiger und Heiliger. 

via Durt Cobain / Loma Vista Recordings / Concord

Stimmt, und wenn wir nochmal auf deine Liebe für Filme zurück kommen: Es ist bekannt, dass du auch eine große Passion für Horrorfilme hast. Viele deiner Fans haben die Theorie, dass dein Solo Album nur Teil des cineastischen Erlebnisses von Flatbush Zombies ist. Quasi ein Metauniversum. Ist da irgendwas dran? Ist »Gothic Luxury« nur Teil von etwas Größerem?
Nee, ich wollte versuchen das hinzubekommen und mit den Songs quasi ein Narrativ zu erschaffen, das sich dann nach einem Film richtet. Aber das hat mit diesem Album nicht geklappt. Ich habe das Gefühl, dass es keinen Film gibt, der zu den Thematiken passt. Tragischerweise. Bei »3001« (erstes Album von Flatbush Zombies: »3001: A Laced Odyssey«) hat es so perfekt funktioniert. Bei diesem Projekt leider nicht. Ich habe es wirklich versucht, aber hatte dann auch das Gefühl, als würde ich es erzwingen. Am besten wäre es, wenn ich selber den passenden Film dazu mache. Das ist es wahrscheinlich, was ich tun muss: Einen Film drehen, der zu dem Album passt. 

Du hast auf diesem Album mit Dot Da Genius als ausführendem Produzenten gearbeitet. Musikalisch wie auch thematisch wirkt es sehr stimmig, da Dot Da Genius diese genialen Beats macht, die die perfekte Balance haben zwischen düster und unterhaltsam. Wie kam es zu eurer Zusammenarbeit?
Das war kein genial ausgetüftelter Plan, es hat sich einfach irgendwie von selbst ergeben. Denzel Curry hat mich eines Tages zu sich ins Studio eingeladen, um einen Song für sein Album aufzunehmen, der dann letztendlich auf meinem Album gelandet ist. Aber in der Nacht, wo ich den Song aufgenommen habe, hat er Dot über FaceTime angerufen. Dadurch konnte ich das erste Mal mit Dot sprechen. Ich meinte: „Wir müssen nochmal zusammen kommen” und als wir uns das nächste Mal gesehen haben ist uns klar geworden, wie viel wir beide gemeinsam haben.

Wir sind beide aus Brooklyn, da gab es einfach so viel Scheiße, über die wir reden konnten und auch gemeinsam hatten. Dann habe ich über einen seiner Beats gerappt und dachte mir nur so: „Yeah, I like fucking with this guy“. Ich mag es mit ihm zu arbeiten. Mir gefällt sein Umfeld und die Menschen, mit denen er sich umgibt. Ich mochte die Energie. Wir haben uns von Anfang an gut verstanden. Er ist wie einer meiner Brüder, von daher war es ein Selbstgänger für mich. Ich hab ihn dann gefragt, wie er es fände wenn er der ausführende Produzent für mein Album wird und er meinte so: „Oh shit, I’m down!“ Von da an haben wir einfach Nonstop zusammen gearbeitet und tuen das auch weiterhin.

Wenn wir schon über Brooklyn sprechen: Du hast auf deinem Album auch wieder mit Kirk Knight gearbeitet. Mit ihm und anderen Pro Era Mitgliedern, wie Joey Bada$$, hast du auch schon vorher zusammen gearbeitet. So habe ich deine Musik oder eher die der Flatbush Zombies auch das erste Mal gehört. Ihr habt vor allem auch gemeinsam, wie ihr eure Karriere und Musik angeht. Alle abseits des klassischen Mainstream Hip-Hop und zum Großteil auch unabhängig von großen Labels. Könntest du ein bisschen mehr über diese Zusammenarbeit sprechen?
Tragischerweise habe ich mich entschlossen ein Soloalbum zu machen während Covid wütete. Eine Zeit, in der die Leute nicht wirklich versucht haben viel zu reisen oder draußen zu sein. Von daher war es ziemlich schwer mit den Leuten zusammen zu kommen, die ich wirklich dabei haben wollte. Das hat das Leben etwas mehr zu einer Herausforderung gemacht. Dass Kirk Knight auf dem Album ist entstand in der gleichen Nacht, in der ich auch den Song mit Denzel aufgenommen habe. Das waren generell die ersten Tracks, die ich überhaupt in 2020 aufgenommen habe, das war glaube ich so im Juni 2020. Ich hab für eine Weile gar keine Musik gemacht. Ich habe versucht mit anderen Dingen klar zu kommen und Kirk war dann diese Nacht zufälligerweise da. Es war eine sehr positive Energie.

Ich versuche nichts zu erzwingen, wenn ich Musik mache. Ich versuche das so organisch wie möglich zu machen – selbst die Features, die ich anfrage. Auf diesem Album habe ich dann fast das Gegenteil getan. Ich habe mich nicht in die Richtung der Dinge gelehnt, die ich sonst machen würde, wie z.B., dass ich Joey anrufe um auf diesen Track zu kommen, oder Erick für den Track zu nehmen und dann Juice auf dem andern.. Ich wollte etwas neues ausprobieren, naja nicht nur “etwas“ anders, sondern komplett anders. Zu oft machen wir.. (überlegt) Weißt du? Wenn du eine gute Rechte hast, wirst du diese auch immer benutzen. Du solltest aber auch ab und zu mit deiner Linken trainieren. Denn manchmal musst du alles ein bisschen neu mischen.


Ich würde mit dir gerne über Mental Health sprechen. Besonders den Instagram Post, den du nach dem Tod deines Vaters veröffentlicht hast. Das hat, glaube ich, nicht nur bei mir einen ganz neuen Respekt für dich geschaffen. Du hast den Post benutzt, um über psychische Erkrankung zu sprechen und hast deine Fans dazu ermutigt, sich Hilfe zu suchen, wenn sie es brauchen. Auf der anderen Seite fühlt sich dieses Album jetzt an, als ob du damit viele Gefühle die du, zumindestens öffentlich, nicht zeigen konntest verarbeitest. Magst du über diesen Prozess etwas reden?
Um ehrlich zu sein, habe ich mit dem Album nicht versucht.. (überlegt) Ich hab vielleicht hier und dort auf das angespielt, was ich durchmache, aber ich wollte nicht dass das ganze Album davon handelt. Ich bin einfach noch nicht bereit dazu, ein ganzes Album darüber zu machen. Ich möchte zurzeit einfach noch kein Album darüber machen, damit auf Tour gehen, es wieder und wieder durchleben und auch meine ganze Familie durchleben zu lassen. Ich hab hier und dort Anspielungen gemacht, einfach weil ich das Gefühl hatte, ich muss es tun. Weil die Leute enttäuscht wären, wenn ich das Offensichtliche ignoriert hätte und dann ein Album über Gras rauchen und was auch immer gemacht hätte.

Von daher ist es ein zweischneidiges Schwert. Du möchtest kein Gefangener von dem sein, was in deinem realen Leben direkt vor dir passiert. Manchmal möchtest du deine Musik nicht als Ventil für etwas anderes benutzen. Gleichzeitig weißt du aber auch, dass du diese Verantwortung hast, wenn verrückte Dinge in deinem Leben passieren. Das Universum tut diese Dinge manchmal, gibt dir diese Momente, damit du darüber redest und sie mit dem Rest der Welt teilst. Aber wenn du kreativ, mental oder wieso auch immer noch nicht bereit dazu bist, dann denke ich, dass du kleine Wege finden solltest, es in deiner Arbeit zu verstreuen. Damit die Leute wissen, was los ist. Aber ich wollte nicht mein ganzes Album über die gesamte Situation machen. Denn ich verarbeite das immer noch, weißt du? Vielleicht kann ich in einem oder in zwei Jahren wirklich darüber reden was alles wirklich auf dem Tisch liegt und dann macht vielleicht auch alles Sinn.

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Stimmt. Dennoch, das Album unterscheidet sich sehr von deiner vorherigen Musik. Nicht, dass du vorher nicht politisch warst, aber auf diesem Album hört es sich einfach persönlicher an. Besonders der Song »Kill Us All«, die erste Single aus dem neuen Album, ist ja leider nach wie vor sehr am Puls der Zeit. Du listet quasi alles auf, was in den USA – aber auch in Europa – schief läuft mit dem System. Es gibt da einige Zeilen, die besonders in meinem Kopf hängen geblieben sind, weil sie so offensichtlich auf die Missstände hinweisen. Zum einen „Democrat, Republican, they all evil to me. But remember that the Democrats started the KKK. I turn on CNN, they tell me be MLK instead of Malcolm X but they both died the same way“. Könntest du uns mehr darüber erzählen?
Es ist witzig, mir war nicht bewusst wie politisch der Song ist, bis ich ihn veröffentlicht hatte. Die Leute meinten nur so: „Yoo!“ Und ich dachte mir dabei: “Ich hab doch nur Fakten genannt.” Ich hab quasi nicht das Offensichtliche genannt, aber halt „if you know-you know“ Sachen genannt. Dabei ist es schwer, solche Songs zu machen. Ich versuche es nicht zu überdenken, weil wenn du das machst dann kommen dabei ziemlich beschissene Songs raus. Ich wollte einfach clever sein mit dem was ich sage, aber dennoch direkt zur Sache kommen. Ich hab schon immer so über Martin Luther King und Malcolm X gedacht. Auch wenn die beiden nicht für die exakt gleiche Sache standen, ob du’s glaubst oder nicht, aber trotzdem sind sie auf die exakt gleiche Art gestorben. Es geht nicht darum zu sagen: “Welchen Unterschied macht es also?” Sondern eher darum, dass die Leute einen manchmal in eine Richtung lenken wollen und eigentlich ist es egal, welchen Weg ich gehe, sie werden uns so oder so umbringen (lacht ironisch). Denn sie wollen nicht, dass wir in irgendeine andere Richtung gehen, als die die sie für uns vorgesehen haben. Jeder, der außerhalb der Linien malt, wird dadurch zu einer Zielscheibe. Ich habe mein Bestes gegeben, nicht zu politisch zu werden. Einfach, weil ich selber gar nicht weiß woran ich glauben soll. Ich weiß nicht, was richtig oder falsch ist.

Ich bin nur ein einfacher Typ. Ich bin nicht heiliger als jemand, ich weiß nicht mehr über Politik Bescheid als irgendwer anders. Das einzige, was ich machen kann, ist zu beobachten und mir die Geschichte anzugucken. Zu beobachten und dann zu gucken was direkt vor mir ist und kleine Löcher in der Logik von jedem zu finden. Denn wir alle haben solche Löcher, wir sind alle Doppelmoralisten. Ich versuche einfach, die Löcher in allem zu finden. Der Vergleich mit Malcolm X und Martin Luther King – ich hasse zu sagen, dass ich es lustig finde – aber ich hab eine Menge solcher Zeilen in einem lustigen Sinne geschrieben.

Ich spreche häufig mit meinen Freunden über solchen Kram. Und dann sehe ich welche, die das als einen Verschwörungssong labeln. Dabei steckt einfach keine Verschwörung hinter dem Song. Ich habe einfach Dinge genannt, die wirklich passieren. Ich hab nicht darüber geredet, dass die Erde flach ist, ich hab nicht über einer hohle Erdkugel gesprochen. Ich habe über keinen anderen Planeten gesprochen, ich habe über nichts Verrücktes geredet. Nicht darüber, dass es ein Gesicht auf der anderen Seite des Mondes gibt. Alles was ich genannt habe, waren realistische und reale Fakten. Von daher ist es sehr interessant zu sehen, was Leute als politisch wahrnehmen, alles ist heutzutage politisch.


Das ist wahr. Ich denke, das ist auch die sehr traurige Ironie an »Kill Us All«: Bevor es Social Media gab und jeder eine Kamera im Handy hatte, hätte man so einen Song als große Verschwörungstheorie verleumden können. Aber, jetzt sind die Beweise da und es sind eben einfach Fakten. Wenn es für dich nicht zu absurd ist, würde ich in diesem Kontext mit dir gerne über Solidarität sprechen. Gerade jetzt ist es in Deutschland ein tägliches Thema. Der Krieg in der Ukraine hat gezeigt, wie schnell wir bereit sind Solidarität zu zeigen und Hilfe anzubieten. Dadurch ist aber auch die Frage aufgekommen wem wir keine Solidarität zeigen. Besonders im Kontext zu deinen Lyrics „It’s crazy cause America loved the Black Panther movie. But in 66 they hated the Black Panther movement. History’s a trip, it’s crazy how they twist and flip the shit“. Denn es geht ja nicht nur in den USA so. Meinst du wir sollten über dieses Thema mehr auf einer globalen Ebene diskutieren?
Ich bin ziemlich kalt gegenüber solchen Sachen (lacht). Denn ich hasse es wenn Amerika sich in die Angelegenheiten von anderen einmischt. Denn Kontext ist alles, wenn es um solche Dinge geht. Ich denke schon, dass wir uns alle gegenseitig helfen, miteinander kommunizieren und aufeinander achten sollten. Aber, es gibt immer einen Grad der Grenzüberschreitung. Amerika ist zu einem gewissen Grade bekannt dafür, die Polizei der Welt zu sein. Wir mischen uns überall in den Scheiß von anderen ein. Es gibt da einfach unterschiedliche Ebenen. Wenn Tragödien passieren, dann ist das der Zeitpunkt, wo Menschen im realen Leben zusammenkommen müssen. Es ist egal welche race jemand ist, es ist egal, wo sie sich befinden, es ist egal, ob dein Land vor dreißig Jahren im Krieg mit dem anderen Land war, oder was auch immer der Fall sein sollte. Wenn es nicht richtig ist, musst du etwas dagegen unternehmen. Darum geht es.

Aber Achtsamkeit wird auch zum Trend, leider gibt es dadurch auch extrem oberflächliche, verrückte und leere Personen, die einen TikTok Tanz machen um der Ukraine oder wem auch immer zu helfen. Die Leute lachen über sowas und machen sich über sie lustig. Gleichzeitig denke ich aber auch: Scheiß drauf! Wenn es das ist was hilft, dann hilft es. Auch wenn sie blind sind und gar nicht wissen wem sie wirklich helfen, wir brauchen ein paar von diesen blinden Menschen. Es ist sehr interessant, wo wir wählerisch sind, das ist auch der Zyklus der Nachrichten geworden. Das kommt auch daher, dass die Nachrichten jeden Tag für uns entscheiden, was wichtig ist. Jeden Tag werden Kinder entführt, jeden Tag. Wir hatten in der Geschichte noch nie so viele vermisste Kinder wie zurzeit und niemand spricht darüber!

Sie planen und suchen aus was wirklich wichtig ist, womit sich alle identifizieren können. Bis heute wird gezeigt, wie irgendwo Bomben explodieren, weil jeder Mitgefühl hat, wenn Bomben irgendwo hochgehen, sie können dann nicht weggucken. Je nachdem welche Hautfarbe die Menschen haben, die in die Luft gejagt werden, trifft es einen härter. Das ist einfach Teil der menschlichen Natur (fängt an zu schmunzeln). Es braucht sehr viel Konditionierung, um es aus den Menschen rauszubekommen. Es dreht sich alles um Konditionierung.

Foto via Ellington Hammond

Viele Informationen und Themen über die deutschen Nachrichten nicht berichten, besonders Dinge die im Ausland passieren, lerne ich durch Musik. Wenn ich mir einen Song anhöre und über Lyrics nicht Bescheid weiß, informiere ich mich danach und fange an, mir Dinge dazu durchzulesen. Denkst du das Hip-Hop die ganze Diskussion rund um soziale Gerechtigkeit, besonders auch im Fall von Polizeigewalt, verändert hat?
Ich denke es ist lustig, weil genau so hat Hip-Hop angefangen. Back in the day haben sie darüber gerappt was in ihrer Nachbarschaft passiert, wie sie von Polizisten behandelt wurden, wie arm wir waren und was wir wirklich brauchen. Bei Public Enemy ging es nur darum. Es ist nichts neues, es zeigt nur, wie wenig die Welt sich nicht verändert hat. Der Unterschied jetzt ist einfach, dass Hip-Hop größer ist, als es jemals war. Wenn du heute ein Typ oder Mädel bist, der/die über so etwas redet wirst du als Außenseiter*in angesehen. Einfach, weil die meisten Leute die Hip-Hop Musik machen, sich dafür nicht interessieren, nicht darüber sprechen und nicht darüber rappen. Sie machen einfach eine Art von Musik. Von daher denke ich, dass es sehr wichtig ist, dass wir solche Artists noch haben.

Ich denke nicht, dass es nur darum geht, was gerade passiert. Manchmal geht es auch darum zu gucken, was in der Vergangenheit passiert ist oder Dinge zu erwähnen, die bereits geschehen sind. Denn glaub es oder nicht, aber bevor der Film »The Black Messiah« über die Black Panther rauskam – nicht der Marvel Film, sondern der andere. Bevor der rauskam wussten viele Leute die ich kannte nicht über die Geschichten der Black Panther Bescheid. Die wussten nicht wer Bobby Seale ist, die wussten überhaupt nichts davon. Sie wissen solche Dinge nicht. Wir brauchen manchmal Filme und Musik. Du brauchst Menschen, die manchmal gewisse Dinge sagen. Nur eine kleine Zeile, die dann dazu führt das jemand es googelt und dann so ist: „Oh, jetzt weiß ich es! Ich hab vorher noch nie etwas über die Black Wall Street gehört!“ Jetzt habe ich es erwähnt und jemand wird Black Wall Street googeln und sagen: „Oh Mein Gott! Da war eine Gruppe von Menschen, Schwarzen Menschen, die die reichsten Leute in Amerika waren und die haben dann Bomben über der Stadt abgeworfen und sie in die Luft gejagt!?!” Manchmal weiß man solche Dinge einfach nicht.

Das gleiche gilt für Künstler*innen aus Deutschland. Es ist wichtig über das, was immer du in deinen Geschichtsbüchern stehen hast, was immer sie weglassen, über genau den Scheiß müssen deine Artists sprechen! Denn alle von uns, egal welche Nation auf der Welt, alle haben Dinge, die sie lieber vertuschen, verstecken und unterm Teppich lassen wollen. Je mehr wir diesen Scheiß enthüllen, der unter den Teppich gekehrt wurde, desto mehr werden wir alle.. Wie formuliere ich das am besten? Es ist, als wenn du den ganzen fucking bullshit reinigen würdest und ihn dadurch los wirst. Ihn loszuwerden passiert, indem du es mit anderen Menschen teilst.

Um einmal komplett das Thema zu wechseln, da wir leider nur begrenzt Zeit haben, wollte ich mit dir noch unbedingt über den Song »The Moma« sprechen. Es ist einer meiner Lieblingstracks auf dem Album. Vor allem da ich auch »Cheat Codes« noch auf Dauerschleife höre und es gerade zeitlich so gut passt. Der Song zeigt für mich aber auch, wie vielschichtig dein Album ist, es der Track der sich für mich am “luxuriösesten“ anhört. Ich hoffe das macht Sinn? Aber »The Moma« fühlt sich einfach sehr “rich“ an. Alleine schon vom Beat und dann noch du und Black Thought zusammen… Könntest du erzählen, wie es dazu kam?
Ja, der Song war ein richtiger Prozess (schmunzelt). Ich musste den Beat aufgrund der Samples und anderen komischen Dingen ein paar Male neu gestalten. Aber, dabei ist dann etwas Wunderschönes entstanden. So viele Live Instrumente und ich liebe das Gefühle, wie du auch schon meintest, als ob du dabei wärst, während die Band spielt. Für mich war es einfach ein No-Brainer Black Thought dazu zu holen. Neben dem Fakt, dass er einer meiner absoluten Lieblingsrapper ist, einer der besten Rapper, die auf dieser Erde wandeln. Wenn es um den Sound von Live Instrumenten geht, haben The Roots das einfach gemeistert. Da machte es einfach perfekten Sinn, dass er mit auf diesem Song ist. Das hat er einfach in sich. Dann kam er auch noch ins Studio und hat diesen A-One Verse abgeliefert. Danke dafür, Black Thought! Mit Legenden zu rappen ist einfach wie Dinge von meiner Bucket List zu streichen. Ich liebe diesen Song, es ist auf jeden Fall auch einer meiner Lieblingslieder des Albums. Dieser Song und »Prada U«.


Eine weitere Legende hast du auf dem Song »Lost Souls«. Natürlich ist da auch Denzel Curry aber dann ist da auch dieses großartige Feature von Busta Rhymes. Ihr drei auf einem Track – da fragt man sich nur, wieso das nicht schon früher passiert ist? Das macht einfach Sinn. Ihr habt alle diese sehr speziellen einzigartigen Stimmen und es macht unglaublich viel Freude den Song zu hören. Könntest du dazu auch was erzählen? 
Busta ist einfach ein weiterer No-Brainer für mich. Es gibt ziemlich viele Parallelen zwischen mir, Denzel und Busta. Zum einen stimmlich, dann sind wir alle sehr bunt, meine Haare und unsere Pro Child Live Show.. All diese Dinge. Von daher war es einfach selbstverständlich. Aber ich bin auch ein Typ, der eine Juxtaposition mag, ich spiele gerne mit den Köpfen von anderen Menschen. Weißt du? Wenn du diese Namen auf der Tracklist siehst, denkst du wahrscheinlich der Beat wird unglaublich schnell und voller Energie sein und da wollte ich einfach das Gegenteil machen. Denn Busta ist kein One-Trick-Pony. Er muss nicht schnell rappen, damit du es genießen kannst oder damit du verstehst, was er zu sagen hat. Das war mir sehr wichtig, diese Energie zu bekommen.

Und wie schon gesagt: Ich habe eine Bucket List an Leuten mit denen ich zusammenarbeiten möchte, von daher hake ich die jetzt ab. Jedes Mal wenn ich ein Projekt anfange streiche ich diese Zahlen und Namen von meiner Bucket List. Das war halt nur einer davon. Als ich Busta kennen lernte, hat er mir gegenüber so viel Liebe und Respekt gezeigt. Ich wollte sicher stellen, dass ich bei ihm anfrage. Er hat geliefert.


In einem Interview hast du mal gesagt, dass dein Soloalbum auch eine Art Test ist, um zu gucken wie Fans auf deine Musik reagieren werden, auf diese Seite von dir. Wie waren die ersten Reaktionen bisher? War es was du erwartet hast?
Ich lebe nicht mit Erwartungen, wenn es um Musik geht. Denn ich weiß, dass die Musik gut ist und Leute sie fühlen werden. Eher Erwartungen im Sinne von Zahlen. Ich möchte einfach meinen Kram veröffentlichen, ohne an Verkaufszahlen zu denken. Mein wahres Talent ist das Performen und Liveshows zu spielen. Wenn ich Leute in Person sehe oder Leute mir – wie du – so viele Zeilen von meiner Musik zitieren, dann weiß ich, dass ich etwas richtig gemacht habe. Wenn sich die Leute an die Dinge erinnern, die ich gesagt habe und nicht sagen: „Ich liebe den Beat in dem Song“, sondern hören möchten, was ich wirklich sage. Denn das ist sehr sehr schwer für viele Rapper*innen und Musiker*innen im Allgemeinen. Es geht nicht darum, was sie sagen, sondern um den Beat und die Melodie und alles im Hintergrund. Es ist heutzutage sehr selten, dass die Zitate und was die Person versucht auszudrücken respektiert wird. Es ist der Grund, warum du Freude an Musik hast und ich möchte.. ich möchte.. (ringt mit Worten). Es ist das einzige Mal, dass ich diese Erfahrung habe, mein Album zu veröffentlichen. Von daher möchte ich es in Ehren halten und mir nicht zu große Sorgen machen, wohin es genau führen wird. Es einfach in die Hände der Musikgötter, oder wem auch immer da oben, legen (lacht) und die sollen sich dann darum kümmern. Wir werden dann sehen, wie es auf der Bühne und auf Tour ankommt, wenn ich den Leuten im echten Leben begegne. Das ist mein “real“. Das war schon immer mein Maß: Das was im wirklichen Leben passiert und nicht überall sonst.