Soundcheck: Yelawolf & Shooter Jennings - Sometimes Y
Cover via Slumerican

Yelawolf & Shooter Jennings – Sometimes Y // REVIEW

Die Südstaaten haben im US-Rap schon immer eine ganz besondere Stellung gehabt: Früher waren es OutKast, UGK oder Three 6 Mafia, die einen musikalischen Gegenpol zu den regierenden East- und West-Coasts bildeten. In heutigen Zeiten hat sich der Süden mit prägenden Atlanta- oder Florida-Acts wie Playboi Carti, Future oder Kodak Black gar einen Vorreiter-Status erarbeitet.

Und auch wenn der Süden schon manchmal aus der Reihe fällt, ein spezieller Südstaatler fällt ganz besonders aus der Reihe: Yelawolf. Schon seit Beginn seiner Karriere 2005 schwimmt der in Alabama geborene und in Tennessee aufgewachsene Künstler mindestens neben, wenn nicht vollkommen gegen den gängigen Strom. Sein Country-Rap Stil ist zwar keine Neuerfindung, aber wenige haben sich in ihrer gesamten Karriere so wenig verbogen für ihren Sound wie es der mittlerweile 42-Jährige tut. Am ehesten hatte Yelawolf noch Anfang/Mitte der 2010er Mainstream-Erfolg mit den beiden Shady Records-Alben »Radioactive« und »Love Story« gefeiert, ansonsten ist er größtenteils independent und vor allem kompromisslos gefahren. Wenn Banjo, Mandoline oder Geige auf seinen Song sollten, dann wird das eben auch getan. Gesungene Passagen finden sich ebenfalls deutlich häufiger als bei seinen Rap-Kollegen. Nein, der klassische Hip-Hop Künstler ist Yelawolf definitiv nicht.

Gegipfelt ist das alles jetzt in seinem neuesten Projekt »Sometimes Y«, das so weit von 808’s und Scratches entfernt ist, wie es bisher noch nie bei ihm der Fall war. Gemeinsam mit dem in den USA deutlich bekannteren Country-Sänger, Produzent und zweifachen Grammy-Gewinner Shooter Jennings hat er ein komplettes Country/Rock’n’Roll-Album aufgenommen, das wieder einmal beweist, wie schlecht Catfish Billy sich in irgendwelche Grenzen und Rahmen pressen lässt. Seit 2008 kennen sich die beiden, doch es hat über ein Jahrzehnt gedauert, bis eine gemeinsame Arbeit zustande gekommen ist. Die muss dafür aber richtig gefruchtet haben, denn die zehn Tracks sprühen nur so vor Energie und Experimentierfreudigkeit. Gleich von Beginn an – auf dem Titeltrack »Sometimes Y« – probieren sich die beiden neu gefundenen Kollegen an einem Opener, der wie für die Stadien geschaffen zu sein scheint. Zwischendurch wechselt Yelawolf in ausartende Doubletime-Passagen, die zumindest irgendwo durchblicken lassen, dass er seine Brötchen mal mit Hip-Hop verdient hat – aber das wird auch eine der wenigen Ausnahmen über das Album hinweg bleiben.

Denn über »Hole In My Head« und »Rock & Roll Baby« führt der Pfad endgültig nach Louisiana und der Countryrock-Anstrich kommt so richtig zum Vorschein. Shooter bastelt eine Art psychedelischen Lynyrd Skynyrd Unterbau mit Riffs aller Art, die Yelawolf mit Zeilen über sein Heranwachsen mit seiner Rock & Roll liebenden Mutter füllt – es ist unschwer zu erkennen, woher die Begeisterung und die Inspiration für eine solche Art von Projekt herrührt.

Überhaupt lässt sich viel Begeisterung für alle Arten des Rock & Rolls erkennen, denn über die gesamten zehn Tracks des Albums finden sich viele Einflüsse von neu bis alt. Das treibende »Radio« kommt bspw. mit einem treibenden Instrumental, das gut und gerne auch für einen 80er-Sci-Fi-Streifen Model stehen hätte können. Die klaviertriefende Ballade »Catch You On The Other Side« hätte sich dagegen problemlos in die lange Beatles-Diskographie einreihen können. Für »Make Me A Believer« müssten sich Yela & Shooter eine Seite im Dave Grohl-Handbuch “Wie schreibe ich einen Alternative Rock-Hit” abgeschaut haben, denn die Foo Fighters-Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen.

Und hier liegt vielleicht auch einer der seltenen Kritikpunkte, denn bei aller guten Umsetzung der Ideen: Neu sind sie zumeist nicht. Viel mehr findet sich auf »Sometimes Y« ein Sammelsurium an (großartigen) Inspirationsquellen, die die beiden auf ihre ganz eigene Art und Weise interpretieren. Aber da gerade Yelawolf mit seiner charakteristischen Stimmlage und dem Gespür für passende Melodien jedem Track ein ganz eigenständiges Gefühl verleihen kann, schmerzt die Innovationslosigkeit nicht allzu sehr.

Spätestens wenn er mit »Shoe String« den emotionalen Spoken-Word-Stil wie auf »Sabrina« von »Trial By Fire« zum Besten gibt, wenn Shooter Jennings auf »Fucked Up Day« zu einem seiner vielen grandiosen Soli ansetzt oder wenn auf dem Outrotrack »Moonshiner’s Run« Erinnerungen an Volbeat aufkommen, überwiegt eben doch die Begeisterung für die beiden Talente, die sich hier gefunden haben.

Bei der Chemie zwischen den beiden und Yelas offensichtlicher Veranlagung für Musik dieser Art, stellt sich aber auch ganz automatisch die Frage: War dieses Album jetzt die endgültige Abkehr vom Hip-Hop? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Yelawolf fühlt sich in zu vielen Genres wohl, als sich irgendwo auch nur ansatzweise festzulegen. Wer weiß, vielleicht ist das nächste Projekt ja ein Kollaboalbum mit Big K.R.I.T., vielleicht probiert er sich aber auch an einem R’n’B-Album aus – nichts würde groß verwundern. Dass er dafür versatil genug wäre, beweist er Mal für Mal.