Next Up: JPD
Foto via Alex Kleis

JPD – Feelings für die lonely hearts

Die letzten zwei Pandemiejahre waren für die meisten eine Zeit zum Vergessen. Zwischen sozialer Vereinsamung und der damit unvermeidlich einhergehenden Auseinandersetzung mit sich selbst, kann es schnell passieren, dass man den Verstand verliert. Zum Glück hat sich unser heutiger Next Up-Artist JPD gegen den Verstandesverlust entschieden und die Zeit viel mehr dafür genutzt, all seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und sie auf seiner am Freitag erscheinenden, fünf Lieder umfassenden »Feelings«-EP für uns festzuhalten. 

Mein sozialer Kontakt ist gerade kälter als Antarktis.

JPD auf Allein

Lange war es still geblieben um den jungen Wahlleipziger JPD, dessen letztes Release bereits über zwei Jahre zurückliegt. Mit seinen zwei Single-Auskopplungen »OH BOY« und »HIMMELBLAU« meldet er sich jedoch fulminant zurück.

»OH BOY« ist eine musikalische Selbsttherapie, in der er seine von dem Streben nach Anerkennung bei den „großen Jungs“ geprägte Kindheit reflektiert und sein jüngeres Ich schützend und ermutigend in den Arm nimmt.

Genau so „sozialisiert wie der Typ, der die die Fresse poliert“ und ohne väterliche Bezugsperson, fiel es ihm lange Zeit schwer, sich so zu akzeptieren wie er ist und sich von konventionellen und längst überholten Männlichkeitsbildern zu befreien. 

Während das Zeigen von Gefühlen früher noch ein Zeichen für Schwäche darstellte, zieht er aus dieser vermeintlichen Schwachstelle heute neue Stärke und fungiert damit nicht nur für sein früheres Ich, sondern für eine ganze Generation junger Männer, die unter dem Druck des Patriarchats leiden, als empowerendes Sprachrohr.

Lackier die Nägel in den schillerndsten Farben, du kannst alles tragen, egal was die anderen sagen.

JPD auf OH BOY

Noch schillernder als seine lackierten Nägel glänzt auf »Feelings« nur JPD’s bisher experimentellste Produktion gepaart mit seinen ohrwurmtriggernden Toplines, wie auf »Himmelblau«. Gemeinsam mit seinem Producer Bruce T. wurde die EP im LADEN, seinem eigenen kleinen kreativen Raum in Leipzig aufgenommen. Zwischen unerwarteten Beatbox Einlagen auf dem Titelsong »Feelings« bis hin zur hochgepitchen Stimme á la Frank Ocean bahnt sich JPD mit spielender Leichtigkeit den Weg durch die schweren, unbequemen Themen des Lebens und zeigt dabei keinerlei Befangenheit sich zu öffnen und im selben Zug seine Gefühle nach außen zu kehren. 

In der Auseinandersetzung mit sich selbst spricht er über das Alleinsein in einem Raum voller Menschen, über das Schuldbewusstsein und der Scham vor sich selbst wie auch dem Eingeständnis seiner eigenen Privilegien: Immer mehr zu wollen und nicht zufrieden sein, obwohl man doch eigentlich alles hat, was man braucht.

Ich hab an einem Tag so viele Privilegien, wie andere in ihrem ganzen Leben. Und muss mich dafür nicht mal bewegen.

JPD auf Himmelblau

»Feelings« ist ein musikalisches Resümee der letzten zwei Jahre, das mit Sicherheit vielen ein Stück weit aus der Seele spricht und diese gleichzeitig mit ihren wunderschönen Melodien heilt. Die einzige Kritik, die hier zu üben ist, ist die Länge, beziehungsweise Kürze des Projekts. Am liebsten würde man JPD nämlich noch viel länger zuhören. Aber das Jahr ist ja noch lang und mit dem Release zeigt er, dass seine Geschichte noch lange nicht auserzählt ist.