Levin Liam live in Leipzig – ein Statusbericht

Levin Liam eröffnet seine neue Tour in Leipzig und beweist auf’s Neue, dass er weit mehr als ein gewöhnlicher Artist ist. Mostdope hat den Hamburger seit geraumer Zeit im Fokus und bereits 2023 live erlebt. Zeit für eine vergleichende Bilanz.

Wilde Herzen trifft Modus Mio

Den Balanceakt zwischen Bangern und Balladen beherrscht Levin Liam bekanntermaßen bravourös. Entsprechend gemischt fällt seine Zielgruppe aus, die zwar von Indiemäusen dominiert, aber um eine gute Menge atziger Rapheads erweitert wird. Aus diesem Spektrum studentischer 20-Somethings schöpft sich die Crowd nun 2025 ebenso wie bereits 2023.

Mittlerweile füllt Levin den Leipziger Felsenkeller und trifft damit in Venue-Dimensionen gedacht ziemlich genau sein aktuelles Standing. Er spielt weit oben mit, hat aber noch einiges vor sich bis zur Ceiling.

Große Band und viel Konzept

Dass ausverkaufte Arenen für ihn keine Utopie, sein Hunger und sein Drive enorm sind, unterstreicht die neue Show. War er 2023 im Astra Kulturhaus Berlin noch ein unaufdringlicher Entertainer mit Mikrofon und Keyboard, dessen Live-Erlebnis ohne viel Tam-Tam vor allem von der Hitdichte und seinem natürlichen Charisma lebte, fährt er nun 2025 das große Arsenal auf und tritt als selbstbewusster Leader einer ganzen Band ins Rampenlicht.

Oft freut man sich als Rap-Konzertgänger ja schon, wenn nicht nur ein Laptop neben dem Artist steht, sondern vielleicht noch ein Drumset und/oder eine E-Gitarre. Levin toppt das mal ganz locker mit einer Bass-Gitarre, einem Cello, einer Geige und seinem obligatorischen Keyboard. Sechs Instrumente, ein Vocalist und ein Vorhang – so funktioniert das neue Setup, das an dekorativem Schnickschnack spart, und die Musik in den Fokus nimmt.

Ganz ohne konzeptuelle Spielereien kommt die Show dabei aber selbstverständlich nicht aus. Der Tanz aus »Gesicht verlieren« (Name des Debütalbums) und „Gesicht zeigen” (Name der Tour) wird mithilfe des verschleiernden aber nicht blickdichten Vorhangs sowie einer überdimensionalen Kapuze an Levins Hoodie immer wieder angedeutet. Ungefähr zur Hälfte der Show kommt dann die endgültige Transition mit dem Song »Übergang« (welcher auch sonst…) und Levin zeigt sein volles Haupt. Ab diesem Moment wird die Tracklist merklich tanzbarer und mit Trettmanns Gastauftritt auf »Für dich da« kommt es zum ersten der rar gesäten Mosh-Pits.

Die Macht der leisen Songs

Insgesamt spielt er beinahe alle Songs seines Debütalbums und eine bunte Mischung der übrigen Diskografie. Ganz weit in deren Untiefen, wie noch 2023, als auch der streamingferne »Video Games Freestyle« gespielt wurde, begibt er sich diesmal nicht. Die Auswahl ist dennoch stimmig und bietet neben den erwartbaren Heartbreak- und Turnup-Hymnen (»aufwachen« samt Playbayck-Reezy läuft gleich zweimal) durchaus nischige Tracks, wie beispielsweise »Ewig Hält«, Outro der »Levin Liam Leaks 2023«, als Closer.

Welche Wucht Songs wie dieser oder auch die eigentlich extrem reduzierten »verseucht« und »nicht mehr« (Opener der Show) live erzeugen, hätte man sich im Vorhinein kaum vorstellen können. Seine Stimme hat hierfür definitiv nochmal einen Sprung gemacht. Letztendlich ist es aber vor allem die gewählte Live-Instrumentierung, welche Levin sein breites Repertoire nicht nur lässig wegperformen lässt, sondern große Momente daraus entfacht. 

Gänsehaut am ganzen Körper, tiefe Schwere und pure Leichtigkeit – dass Levin Liam mit seiner Musik auf höchstem Level emotionalisieren kann, wissen wir spätestens seit 2023. Nun macht er das Ganze auch live.