Alben des Monats: Februar 2023

Alben des Monats | Februar 2023

Schon wieder liegt ein Monat voller spannender neuer Releases hinter uns. Allen voran ist vor ein paar Tagen das langersehnte Album von Nina Chuba erschienen. Mit »Glas« liefert sie nicht nur ein passendes Behältnis für die ganzen Wildberry Lillets, die sie vermutlich im letzten Jahr angeboten bekommen hat, tatsächlich hat sie damit auch gleich eine ziemliche runde Platte abgeliefert, auf der möglicherweise schon der nächste Hit schlummert.

Neben Nina haben auch Kreuzberger Newcomerin Wa22ermann und Schöneberger Sympath Longus Mongus neue hörenswerte Releases am Start. Wer die Highlights der Redaktion und damit die Alben des Monats sind, erfahrt ihr hier.

Wa22ermann – 07:30 (EP)

Album des Monats: Wa22ermann
Cover via Four Music / Lucia Jost

»07:30«, irgendwo in Berlin: Wa22ermann stolpert aus einem Club heraus, die Lucky brennt nur noch so halb und der Kater für den nächsten Tag kündigt sich schon vorsichtig an. Genau in dieser Mood muss die neue EP der Rapperin entstanden sein, denn die fünf Tracks von »07:30« riechen quasi noch nach durchzechter Nacht. Housig-technoide Beats aus der Feder von Szenegrößen wie Florida Juicy, Moritz oder Matt Mendo treffen auf ihre detaillierten Beschreibungen der Feiern rund um 36.

Dazu kommen immer wieder diese typischen Wa22er-Lines á la “Ich mag mein’ Kaffee süß, denn das Leben ist zu bitter / Er macht sich wieder Hoffnung, also nenn’ ich ihn halt Digga” (»Dracula«), die die vielen Zeilen übers Nachtleben abrunden. Heraus kommt so eine EP, die den Nachtschwärmer-Vibe sehr unverfälscht einfängt und trotz unterschiedlicher Produzenten wie aus einem Guss wirkt.

Matthi Hilge

Nina Chuba – Glas

Album des Monats: Nina Chuba - Glas
Cover via Jive Germany / Sony Music

Wie klingt ein ganzes Album mit 18 Songs einer Künstlerin, die halb Deutschland vor allem wegen eines bestimmten Getränks auf dem Schirm hat? Die Antwort darauf hat Nina Chuba am 24. Februar gegeben, als sie ihr Debütalbum »Glas« veröffentlicht hat. Natürlich ist »Wildberry Lillet« auch drauf vertreten und natürlich ist und bleibt der Song auch ein ziemlicher Ohrwurm, aber die wahren Highlights setzen andere Tracks, mit denen sie zeigt, wie facettenreich die Schauspielerin-Gone-Sängerin eigentlich ist. »Mondlicht« z.B. ist da so ein Kandidat. Der gemeinsame Song mit Majan besticht nicht nur durch die melancholischen Lyrics der beiden, sondern auch durch eine wunderschön gesetzte Basslinie, die dem Song eine ganz besondere Note verleihen. Oder der Titelsong »Glas«, der der häufig quirky und überdreht wirkenden Nina auf einmal eine ganz neue, zerbrechliche Facette zufügt. Tracks wie »Solo« oder »Freitag« zeigen wiederum die raplustige Nina, die kurz mal ihre MC-Qualitäten unter Beweis gestellt

Ja, 18 Tracks sind viel und Kritiker*innen hätten sich sicherlich ein kohärenteres, kompakteres Album gewünscht aber genau in dieser Vielfältigkeit, die sie auf dem Album ein ums andere Mal unter Beweis stellt, liegt für mich hier eben der Reiz

– Matthi Hilge

Longus Mongus – Endlich wieder Sommer

Longus Mongus ist verliebt! Auch wenn sie nie explizit mit Namen genannt wird – sein „Bubu” ist »Omnipräsent« auf »Endlich Wieder Sommer«. So tänzelt der Berliner liebestrunken von Song zu Song und findet aus jedem Anflug von Melancholie und Selbstzweifeln schlussendlich zu seiner Liebe zurück. Wenn L-O-N-G-U-S dann aufrichtig Zeilen wie

Album des Monats: Longus Mongus - Endlich wieder Sommer
Cover via BHZ / Vertigo Berlin

Ein Lebemann liebt Lebefrau und dem steht nix im Weg.
Sehe dein Gesicht im Himmel ohne Halluzinogen
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auf Halluzinogen

rappt, wird vermeintlicher Kitsch plötzlich doch authentisch und auf seine eigene Art cool. 

Musikalisch wagt er einige Ausflüge, zum Beispiel auf »Hängematte«, einem langsamen, vernuschelten Song mit leicht psychedelischem Outro, oder »Yamore« und dem »xxx interlude« die mit eindrucksvollen Voice-Samples glänzen. Der Rest bleibt vor allem tanzbar und sonnig, ganz Longus Mongus eben. Und selbst wenn er sich mal in etwas Schwermut verliert, ist da immer etwas Positives, das einen hoffnungsvollen Ausweg zeigt. 

Hin und wieder wird er sogar ganz pädagogisch, vielleicht schon mit Blick auf die Früherziehung seiner kommenden Kinder, und widmet sich liebevoll verschiedenen Benehmens- und Höflichkeitsformen für ein harmonisches Miteinander (»1, 2 Cent«, »Unsere Stadt«). 

Insgesamt wirkt Longus Mongus auf dem ganzen Album ehrlicher und erwachsener als je zuvor. Sowohl mit seinen Zeilen, als auch mit Emotionen und teils halbschief geträllerten Melodien erzeugt er auf ganz natürliche Art und Weise eine ansteckende Wirkung. Man fühlt einfach mit und nimmt ihm jedes Wort ab.

»Endlich Wieder Sommer« ist ein Album über Liebe, Freunde und Drogen, das bei allem Kitsch keinen Hehl daraus macht, dass auch ein Lebemann und Sunnyboy wie Longus Mongus seine psychischen Struggles und Probleme hat. Nimmt man es, für das was es sein möchte, wird man viel Freude damit haben.

Magnus Menzer