Foto via Carlos Kaito Araujo-

Am Wendepunkt seiner Karriere: Cordae findet mit »The Crossroads« seinen Weg

„The Crossroads Era begins now“, kündigte Cordae im Sommer an, nachdem er sich nach der Geburt seiner Tochter (mit Tennisstar Naomi Osaka) im Juli 2023 für eine Weile aus der breiten Öffentlichkeit zurückgezogen hatte. Spätestens seit seinem Durchbruch mit »The Lost Boy« vor fünf Jahren gilt der in Maryland aufgewachsene Rapper als einer der talentiertesten seiner Generation. Der 27-Jährige beeindruckt seit Jahren mit tiefgründigen Texten und Sounds, die an Größen wie JAY-Z oder J. Cole erinnern.
Trotz seines persönlichen Wachstums und des kommerziellen Erfolgs von »From A Birds Eye View« (2022) schien seine musikalische Weiterentwicklung zuletzt aber nur langsam voranzukommen. Umso gespannter blicken Hip-Hop-Fans nun auf das neue Album des ehemaligen YBN-Mitglieds und gleichzeitig auf ein neues Kapitel in Cordaes Karriere.

In den vorab veröffentlichten Singles zeigte Cordae bereits ganz unterschiedliche emotionale Seiten. Während er etwa auf »Summer Drop« zusammen mit Anderson .Paak noch nostalgisch über einen entspannten Boom-Bap-Beat von J. Cole auf seine Jugend und damalige Herausforderungen zurückblickt, teilt Cordae auf »Mad As F*ck« richtig aus und rappt aggressiv auf einem Trap-Beat über seinen kämpferischen Ehrgeiz und sein Leben im Rampenlicht. Sein Schaffen auf der Bühne ist ein zentrales Motiv auf »The Crossroads«. Der Titel des Albums bezieht sich auf einen Wendepunkt in Cordaes Karriere. Im Interview mit Billboard erzählt er:

Ich hatte das Gefühl, dass ich an einem Wendepunkt in meinem Leben stand (…) Es ging um Leben und Tod. Wenn ich nach rechts gehe, wird alles perfekt sein und das Leben ist großartig, wenn ich nach links gehe, ist das ganze Leben schrecklich. Irgendwann habe ich erkannt, dass eine einzelne Entscheidung nicht so viel Gewicht hat. Es ist die Summe aller Entscheidungen.

Lyrische Vielseitigkeit

Cordae zeigt sich übers Album verteilt lyrisch in Hochform mit humorvollen One-Linern, allerdings auch mit tief emotionalen Zeilen, die seine introspektive Seite beleuchten. Mit einen dynamischen Flow und eine authentische Mischung aus Cleverness und Verletzlichkeit bringt Cordae gekonnt Themen wie Selbstreflexion, das Streben nach Wachstum oder seine Lebensweisheiten als junger Vater ins Spiel. Vor allem der Song »Shei Afeni«, der den Namen seiner Tochter trägt, oder der Track »Dreaming 06«, der an seine Mutter gerichtet ist, stechen dabei als emotionale Highlights hervor.

“There’s gon’ be a time when things don’t always go your way
There’s gon’ always be some people with some shit to say
There’s gon’ always be adversity throughout this life
But just remember, everything gon’ be alright”

Cordae »Shei Afeni«

Zwischen Soul, Trap und Eintönigkeit

Cordae by Atlantic Records

Insgesamt zeigt sich die Produktion auf dem Album besonders vielfältig. Klug ausgewählte Soul-Samples, wie die Verwendung von Luther Vandross oder Barbara Mason’s Vocals auf »All Alone« und »Never See It«, verleihen den Tracks einen besonderen Charme. Gleichzeitig finden sich auch immer wieder moderne Trap-Beats und jazzige Elemente wieder, die Cordae geschickt nutzt, um einen zeitlosen Sound zu kreieren.
Das Album hat jedoch auch einige Momente, die recht eintönig wirken und die Spannung nicht durchgehend halten können. Ein Beispiel dafür ist der Track »Pray« mit Ty Dolla $ign, dessen Beat sowie Flow recht monoton wirken und wenig bleibenden Eindruck hinterlassen. Gerade im Hinblick auf seine vorherigen Alben fehlt es hier an Abwechslung und frischen Ansätzen. Cordae schafft es nicht durchgehend, sein kreatives Potenzial komplett auszuschöpfen, das er bereits an Stellen auf dem Album angedeutet hat, und hinterlässt somit immer wieder ein Gefühl von Unvollständigkeit.

Feature-Highlights und Fehltritte:

Auf dem Track »Nothings Promised« zollt Cordae einer seiner größten Inspirationen, Kanye West, mit einem beeindruckenden Song Tribut und sampled mit
»Heard ‘Em Say« einen absoluten Klassiker. Gleichzeitig ist Ye höchstpersönlich allerdings auch als Feature auf »No Bad News« vertreten. Was zunächst als großes Highlight in der Tracklist wirkt, bleibt letztendlich hinter den Erwartungen zurück. Der Song bietet zwar ein solides Instrumental, doch insgesamt kann Kanye nicht überzeugen und erinnert an die KI-gesteuerten Parts aus »Vultures 2«. Angesichts der Kontroversen, in die Kanye in letzter Zeit involviert war, bleibt die Zusammenarbeit zudem eine mindestens diskutierbare Entscheidung.
Im Gegensatz dazu zeigen sich die hochkarätigen Albumgäste jedoch von ihrer besseren Seite, wie etwa Lil Wayne, der gleich zweimal auf dem Album vertreten ist. Der 42-jährige knüpft an sein starkes Feature auf Tyler, The Creators »Sticky« an und liefert auf »Back on the Road« und »Saturday Mornings« zwei besonders persönliche Parts. Auch Jordan Ward trägt mit einer ruhigen, aber kraftvollen Hook auf »Don’t Walk Away« zur angenehmen Stimmung des Songs bei. Ravyn Lenae ergänzt den Track perfekt mit ihrem Part, der eine verspielte Atmosphäre schafft.

Fazit
Cordae liefert uns nach dem eher enttäuschenden »From A Birds Eye View« vor rund zwei Jahren sein bisher stärkstes und persönlichstes Album. Allerdings lässt seine in Teilen sichere Herangehensweise mehr Raum für Experimentierfreude. Cordae bleibt immer wieder in bekannten musikalischen Mustern und schafft es noch nicht, aus seinem kreativen Kreis auszubrechen. Dennoch ist »The Crossroads« ein Album, welches jedem Hip-Hop-Head Freude bereiten wird, und ein Fortschritt in seiner immer noch jungen Karriere.
7.5