Der Newcomer, der seinen ersten Durchbruch letzten Sommer mit »For a Minute« feierte, hat mit seinem weltumfassenden Sound eine neue Nische in der deutschen Musikszene geschaffen. In Südafrika geboren, in Lüneburg aufgewachsen, hatte er 2020 in Kanada seinen ersten musikalischen Durchbruch und lebt mittlerweile in Amerika. Wir haben mit WizTheMC vor seinem Auftritt im Hamburger Mojo Club als Support von Majans Tour gesprochen.
Du gehörst zu den wenigen deutschen Künstlern, die auf Englisch performen, hast jetzt längere Zeit in Kanada und den USA gelebt und dort auch deinen ersten kleinen Durchbruch gehabt. In deinem Sound finden sich sowohl Elemente von Hip-Hop als auch Pop und Indie, selber beschreibst du das als „Borderless Pop“. Kannst du uns dazu etwas erzählen?
Ich würde einfach sagen, dass ich in einer kleinen Stadt aufgewachsen bin und ich mehr von der Welt sehen wollte und viel Inspiration aus der amerikanischen Musik genommen habe. Ich hab da auch viel Sound imitiert, Rappern nachgerappt und nach so ein paar Jahren kam ein eigener Sound raus. Ich kann es mir selbst nicht erklären, es war einfach durch Musik die ich mag, was ich gerappt hab, was ich gefreestyled hab. Das alles einfach gemixt zu einem Pott, wo ich einfach immer mehr meinen eigenen Weg gegangen bin.
Ich denke da auch an deinen Instagram Post mit dem Frank Ocean Shirt. Gab es Künstler, die dich zu diesem Stil inspiriert haben?
Frank Ocean kam für mich ehrlich gesagt erst viel später. Am Anfang waren es Tyga und 2Chainz. Das waren so die Rapper, die ich gehört habe und dachte: “Ey, klingt so fett über was die reden, das will ich auch machen.” Ich hab dann so in den ersten zwei Jahren erstmal richtige Scheiße auf Tracks gelabert. Über Frauen, die ich nicht hatte, Autos die ich nicht gefahren bin, Ketten, alles Mögliche und hab mich einfach in eine Fantasiewelt geschickt. Dann kamen Kendrick Lamar und J. Cole, die mich dann quasi aus der Distanz gehumbled haben und mir die Richtung, die mir gefällt, gezeigt haben – auch über Gefühle und so. Und seitdem ist es mir wichtig in meiner Musik einfach mir selbst gegenüber authentisch zu sein, egal wie das klingt. Einfach über das zu reden, was ich erfahre und meine Perspektive über bestimmte Sachen – häufig romantische Storys – zu erzählen.
Um direkt an das Thema Authentizität anzuknüpfen. Seit letztem Sommer bist du bei dem Label 10K Projects aus LA unter Vertrag. Vorher warst du Labels aber gegenüber eher kritisch eingestellt – aus Angst, dass diese zu viel kontrollieren. Wie läuft bisher die Zusammenarbeit?
Also da habe ich echt gar keine Beschwerden. Das hat mich echt überrascht, wie wenig die im Weg stehen. Also gar nicht. Ich hab fast Angst bekommen, wie viel Verantwortung ich habe (lacht). Also das war definitiv ein Fehler, den ich gemacht habe, einfach zu denken, die werden mir jetzt helfen was zu lenken, aber genau das Gegenteil ist eingetreten. Die sagen einfach: “Hey, mach was du denkst” und bisher feiern die alles, was ich mache und ich fühle mich weitestgehend sehr frei.
Wie war da die Umstellung für dich von mehr oder weniger DIY, zu einer Produktion mit einem Label im Rücken?
Ich glaub einfach Rhythmus bzw. Struktur, also wie es Sinn ergibt Sachen zu releasen und den Sachen Zeit zu geben. Ich habs davor einfach wild released und ob es kleben bleibt oder nicht, war mir eher wayne und jetzt ist es mehr so: “Okay, ich hab jetzt sage ich mal 15 Lieder. Dann machen wir zwei EPs über das nächste halbe Jahr und dann erzähle ich diese Storys, die zusammenhängend sind,” anstatt es einfach so wild rauszuhauen. Das ergibt ja auch presse- und promotechnisch Sinn und hilft die Story zu erzählen. Wenn Leute von mir was hören, dann ist alles ein Teil von dieser Story. Was weiß ich, dann kommen die zu Instagram oder einer Show und dann kommt noch ein Teil und dann fügt sich so ein Puzzle zusammen. Anstatt, dass ich die Teile überall einfach wild hinwerfe und hoffe, dass Leute das von alleine checken.
Jetzt wo sich vielleicht auch ein paar mehr Möglichkeiten eröffnet haben: Hast du einen Traumproduzenten, mit dem du in Zukunft unbedingt zusammenarbeiten möchtest?
Ich hab dazu ne ziemlich langweilige Ansicht. Für mich ist es wirklich die Person, die mich am meisten checkt. Also wo ich in einen Raum gehen kann, ohne was zu sagen, die spielen was auf der Gitarre und drei Minuten später entsteht einfach was. Also mir ist der Name eigentlich scheißegal. Mein Lieblingsproduzent jetzt, Jeff Hazin, mit dem ich jetzt auch voll viel zusammengearbeitet habe [zuletzt auf dem im Oktober erschienen Album »Headliners«, Anm. d. Red.], mit dem würde ich am liebsten mein ganzes Leben lang arbeiten. Natürlich hat er auch andere Projekte, aber ich will eigentlich nur mit ihm arbeiten, weil er mich so checkt. Wir experimentieren und es fühlt sich an wie auf einem Spielplatz. Da ist einfach so eine Connection und genau das suche ich in einem Produzenten.
Wie wichtig ist es dir, immer das gleiche eingeschweißte Team um dich zu haben?
Die Schwierigkeit daran ist halt auch wieder, dass wenn ich Nein zu neuen Leuten sage, ich halt auch keine neuen Sachen über mich selber kennenlernen werde – also schon, aber halt weniger. Deshalb versuche ich momentan meinen Channel so offen wie möglich zu halten, was neue Leute und neue Opportunities angeht. Egal wie doll ich manchmal manche Sachen in dem Moment hasse und wie scheiße die sich anfühlen. Ich muss einfach offen bleiben. Erst recht, wenn mein Gehirn sich noch entwickelt. In drei Jahren kann ich aufhören, dann ist das Gehirn entwickelt, dann ist zu Ende (lacht).
Wenn man jetzt an die deutsche Musikszene denkt, ist dein Sound noch recht einzigartig. Es ist zwar eine ganz andere Richtung im Hip-Hop – aber an deutschen Rapper die auf Englisch rappen und auch damit im Ausland Erfolg haben, fallen mir sonst nur Kelvyn Colt und Serious Klein ein. Wie siehst du da deine Position in der deutschen Szene?
Gute Frage, ist schwer zu beantworten ohne Beef anzufangen (lacht). Das erste halbe Jahr von meinen sechs Jahren, in denen ich jetzt Musik mache, habe ich auf Deutsch gerappt. Ich hab dann aber schnell gemerkt: “Okay, ich hab mehr Bock was auf Englisch zu machen, weil ich mich da mehr connected fühle.” Und meiner Meinung nach bin ich eher ein internationaler Künstler, der in Deutschland aufgewachsen ist, anstatt ein deutscher Künstler zu sein, der international sein will. Ich bin in Südafrika geboren und in Deutschland aufgewachsen, habe Zeit in Kanada verbracht und jetzt in den USA. Irgendwie hat mich die Welt schon immer gerufen.
Es gibt deutsche Künstler die sich in Deutschland was aufbauen, aber sich dann entscheiden den Sprung nach Amerika zu versuchen und ich glaube das ist schwer. Das ist ähnlich wie seinen Namen zu ändern, nachdem man fünf Jahre im Game ist, oder sogar zehn Jahre. Und deshalb ist es glaube ich wichtig für mich, dass ich bei einem Label in Amerika gesigned habe. Ich hab Trippie Redd und Iann Dior kennengelernt, bin direkt in diesem Netzwerk und werde mich da ausbilden. Meine Theorie ist, dass Deutschland hinterher kommt.
Wenn du sagst du hast schon andere Künstler von deinem Label kennengelernt, können wir da Features erwarten?
Also was heißt kennengelernt, ich hab sie nicht direkt kennengelernt. Ich habe sie mal eher so beim Vorbeigehen oder bei einem Event gesehen und habe mich vorstellen können. Eine Sache, die mir in L.A. aufgefallen ist, dass echte Beziehungen sich natürlich aufbauen müssen. Natürlich gibt es Sachen, wo zwei Leute ins Studio gesteckt werden und dann kann und muss man miteinander auskommen. Selbst mit Majan und mir hat das so geklappt. Wir waren im Studio und danach waren wir Buddys und hatten zusammen ein Lied, das wir beide gefeiert haben. Das ist die Idealsituation. Aber ich glaube Relationships, die müssen sich über einen längeren Zeitraum aufbauen, deshalb will ich nicht zu viel Hoffnung machen.
Dann bleiben wir doch erstmal bei dem Feature mit Majan. Wie kam das überhaupt zustande und wie habt ihr euch kennengelernt?
Wir haben beide beim 040 Festival im Bunker in Hamburg gespielt, also er hat es geheadlined, ich hatte davor gespielt und hab ihn im Fahrstuhl getroffen – so ne richtige Kanye West – Big Sean Story (lacht).
Hast du auch für ihn gerappt?
(Lacht) Ja mein Bruder meinte so: “Ey das ist Majan, der hat das Lied mit Cro.” Er war voll lieb so von Anfang an und wir haben dann auf Instagram geschrieben. Er hatte irgendwie ein Lied von meinem Set mitbekommen und meinte: “War voll fett.” Dann hatte ich meinem Manager, den ich auch im gleichen Sommer kennen gelernt habe, gesagt: “Hey, ich will mit Majan ‘ne Session machen.” Dann hat mein Manager seine Managerin zu der Zeit bei einer Party gejagt (lacht) und long story short haben wir dann »Catch Me« direkt in der ersten Session gemacht.
Die Begegnung mit Majan war dann ja fast eher Zufall. Gibt es etwas, dass du aus der Begegnung oder jetzt aus den letzten Jahren mitgenommen hast? Einen Tipp an junge Künstler*innen?
Ich weiß nicht, ob das Sinn ergibt, aber: Sich wirklich bewusst hinten anstellen. Also in dem Sinne, dass man weiß, man ist gar nichts und aus dieser Position jede Person anschreiben, mit der man Bock hat, zusammen zu arbeiten. Oder wenn du irgendeine Show spielen willst, dass du Bookern E-Mails schreibst. Oder, dass du Leute anrufst oder vielleicht auch einfach behaupten, dass du einen Manager hast, obwohl du gar keinen hast und deinen eigenen Manager spielst. Wenn du irgendwelche Künstler siehst, dann gib den deinen USB-Stick oder deine CD mit, egal wie dumm das vielleicht scheinen mag.
Jeder ist schüchtern, erst recht wenn man jung ist. Aber man muss einfach nach einem Platz am Tisch fragen. Man glaubt gar nicht, wie doll ältere Leute das respektieren, erst recht wenn man noch jung ist.
Also erstmal das machen worauf man Bock hat, ob es jetzt irgendwie Bilder malen ist oder was weiß ich Ballett, Musik, Film, einfach machen. Dann irgendwie versuchen in einen Umkreis zu kommen, wo Leute sind, die man cool findet und nicht schüchtern sein. Zu Leuten sagen: “Ey, kann ich dabei sein? Kann ich zugucken? Kann ich irgendwie helfen?” Jeder ist schüchtern, erst recht wenn man jung ist. Aber man muss einfach nach einem Platz am Tisch fragen. Man glaubt gar nicht, wie doll ältere Leute das respektieren, erst recht wenn man noch jung ist. Ich war schon in so vielen Situationen, wo es aussah als wenn ich gebettelt hätte, aber die haben sich im Endeffekt einfach gefreut, dass ich dabei sein wollte. Wenn du schon mit einer negativen Einstellung an die Dinge rangehst, egal um was es geht, dann hast du eigentlich schon verloren. Deshalb sag dir nie Nein, sag dir nie selbst Nein!
Das Feature mit Cro hat Majan von einem Tag auf den anderen die Tür geöffnet und ihn der gesamten Szene auf den Plan gerufen. Jetzt knapp drei Jahre später hast du wiederum Majan’s Co-Sign bekommen und begleitest ihn auf seiner Tour. Könntest du dir vorstellen, irgendwann selbst in dieser Position zu sein und junge Künstler zu pushen?
Ich fühl mich gerade noch selber wie ein Neuling. Das gestern [Berlin, Huxleys, Anm. d. Red.] war die größte Stage auf der ich jemals stand. Das waren vielleicht 1.500 Leute, 2.000 Leute. Aber, dann für andere Leute sieht es so aus als wäre ich schon total weit, weil ich halt auch in Amerika unterwegs bin. Aber hier in Deutschland habe ich noch verhältnismäßig wenig gemacht. Ich fühl mich einfach noch extrem jung und am Anfang von dem, was ich so mache. Deshalb ist es ein crazy Gedanke darüber nachzudenken, jemand anders an die Hand zu nehmen. Ich denke das braucht noch eine Weile, bis ich mich dazu in der Lage sehe.
Hast du denn durch Majan oder generell Kontakt zu Künstler*innen aus der deutschen Rap-Szene?
Ja, allein durch die Tour ist man da jetzt etwas mehr drin. In Berlin hab ich ein paar coole deutsche Künstler kennengelernt, weil er voll viele Künstler rausgebracht hat. Chieff, Edo Saiya, Savvy, BLVTH und noch ein paar andere Leute. Ahzumjot – den ich noch vom Splash kenne, als er in der Jury war von dem Rap Contest, wo ich mitgemacht habe – der war auch da.
Wo siehst du denn jetzt deine Zukunft, ist dein Zuhause in Amerika oder doch eher in Deutschland?
Riesengroße Frage, die ich mir jeden Tag selbst stelle (lacht). Das Ding ist, ich hab mich nicht die ganze Zeit zuhause gefühlt in L.A, als ich über den Sommer da war, aber ich kann es ja nicht auf eine Location schieben. Das Zuhause muss ich in mir selbst finden. Dadurch dass ich Musik als Job für mich gewählt habe und das ja alles ist was ich mir wünschen könnte, will und kann ich mich jetzt nicht noch beschweren von wegen: “Das ist nicht perfekt.” Denn natürlich wirst du dich nie zuhause fühlen, wenn du dich alle paar Wochen bewegst. Deshalb, egal wo du mich triffst, bin ich Zuhause. Ich bin jetzt gerade Zuhause.
Wir dachten jetzt da kommt eine fertige Antwort weil du die Frage nach deinem Zuhause zwangsläufig in Interviews immer gestellt bekommst.
Liegt ja auch irgendwie nah (lacht). Als ich nach Deutschland zurück gekommen bin ist mir aufgefallen, wie viel so psychisch in sechs Monaten in L.A passiert ist. Ich hab da in der Zeit auch vier Monate alleine gelebt und da ist halt Showbusiness und Hustle angesagt. Auf der anderen Seite will ich aber auch das deutsche Leben ernst nehmen und mich nicht so in dem anderen verlieren.
Wenn du dir jetzt so deine Karriere bisher anguckst, dein Business und Masterplan, wo bist du gerade karrieretechnisch?
Sagen wir, ich hatte einen kleinen Durchbruch letzten Sommer mit »For a Minute«, der mir den Record Deal gegeben hat und mir quasi Space in Amerika gegeben hat. Aber davor hatte ich vielleicht keine Ahnung, fünfzig- oder einhunderttausend Zuhörer hauptsächlich in Deutschland und Europa, vielleicht ein paar Tausend in Amerika. Durch das Lied habe ich Aufmerksamkeit in Amerika bekommen und das ist so Level 1.
Am Ende des Tages ist mir wichtig, wie viel Tickets ich verkaufe. Mir ist egal, wie viele Follower ich habe, solange Tickets verkauft werden und ich halt immer mehr merke, dass die Musik auch ankommt und das Leute darüber reden.
Level 2 ist, dass ich in Amerika Venues mit 2.000 – 3.000 Leuten füllen kann und dann auch in Deutschland, und dann von 3.000 zu 5.000 zu 10.000 und so weiter. Am Ende des Tages ist mir wichtig, wie viel Tickets ich verkaufe. Mir ist egal, wie viele Follower ich habe, solange Tickets verkauft werden und ich halt immer mehr merke, dass die Musik auch ankommt und das Leute darüber reden. Wenn du Künstler fragst, wenn die auf der großen Stage sind, kommt häufig: “Oh, ich kann mich noch erinnern als ich in ‘ner Halle für 100 Leute gespielt hab.” Genau da bin ich jetzt. Ich freu mich auf meinen ersten Raum, wo meine hundert, zweihundert Fans sind.
Dann sind dir die Fans wichtiger als Kritiker oder Awards?
Ja, denn die sind quasi das Wasser, was mein Schiff trägt und es ist halt einfach verrückt. Ich vergleiche mich halt auch leider mit anderen Künstlern, was sowieso das Dümmste überhaupt ist – als Mensch, aber als Künstler auch. Man vergisst dabei schnell, dass Leute wegen meiner Musik zu meinen Shows kommen und feiern was ich mache. Ich weiß dann beim Performen nicht unbedingt, was ich mit denen mache, was für Gefühle es anregt oder was in ihrem Leben passiert ist. Das ist auch so inspirierend, wenn ich bei Majan dabei bin: Die Shows am Abend live zu sehen, wie die abgehen und wie die heulen und schreien. Ich hab mit ihm auch drüber geredet. Die sind nicht nur da für die Musik, sondern für den Impact den er in deren Leben hat und das ist einfach so crazy. Und wenn ich das auf mich übertrage, dann will ich einfach auch selber sehen und spüren wie das ist. Ich bin ein Fan von voll vielen Musikern und diese Chance zu bekommen, für jemand anders ein Künstler zu sein, den die feiern und das ich deren Tag ein bisschen schöner machen kann wenn ich meine Musik spiele, das ist verrückt und für mich einfach ein riesiger Antrieb.
Gibt es schon zukünftige Projekte zu denen du was verraten kannst?
Ja, eine EP die heißt »Where Silence Feels Good« und die kommt im Neujahr raus, im Februar. Jetzt sind schon drei Singles raus und es kommt noch eine im Dezember.