Jero über Atmosphäre, musikalische Einflüsse und das Reisen

Diesmal zu Gast im Interview: JERO, the artist formerly known as Junior Jero.
Der Berliner hat am 2. Juli mit »Hotel« seine erste Single seit über zwei Jahren veröffentlicht und damit den Startschuss für dieses Jahr gesetzt, in dem er viel geplant hat.
Musikalisch ist JERO mal bei smoothen, jazzy Oldschool-Raps und mal modernen, trappigeren Klängen beheimatet – Hauptsache, es sorgt für Atmosphäre und die Stimmung, die seine Zeilen brauchen. Seine Mucke hat ihn der Vergangenheit schon zu Leuten wie BRKN, Figub Brazlevič oder ATBeatz geführt, mit denen einige Singles in denen letzten Jahren entstanden sind und teilweise sogar über die Juice, Backspin oder 16Bars Premiere gefeiert haben.
Wir haben ihn anlässlich seines Single-Comebacks gesprochen und ihn nach seiner Person und Musik befragt. Worauf er am meisten in seiner Musik achtet, von wem er gerne mal Beats bekommen würde, was genau für dieses Jahr alles geplant ist und vieles mehr lest ihr hier im Interview.

Wenn man über deine Musik redet fällt gerne mal das Schlagwort „Entspannte Couchmucke“. Ein Gegenentwurf zum häufig stressigen Alltag, den du mit deiner Musik liefern willst?
Ja genau, das mit der Couchmucke, das habe ich früher immer so gesagt – das war mein Branding. Aber an sich will ich auch gar nicht so Kiffer- oder Chillermucke machen, sondern es geht eigentlich darum, dieser Reizüberflutung und dieser Effekthascherei so einen Gegenentwurf anzubieten. So bei diesem stressigen Alltag ne Fluchtmöglichkeiten zu bieten, quasi dem Hörer dabei zu helfen gechillter durch den Tag zu kommen. Audiodope – vielleicht wär das ein cooleres Branding.

In deiner Musik ist viel jazzig und soulig und generell oldschoolig angehaucht, du hast aber genauso auch schon trappige, moderne Sounds in deinen Songs gehabt. Wo liegen deine musikalischen Einflüsse?
Meine musikalischen Einflüsse, die liegen tatsächlich überall. Also ich höre auch tatsächlich alles Mögliche. Ich hab früher auch selber viel produziert und hauptsächlich gesamplet und bin dadurch auch ganz viel über alte Musik gestolpert. Also was heißt gestolpert, ich hab wirklich auch danach gesucht. Ich bin auch Filmliebhaber und deshalb auch immer viel Filmmusik gesucht. Bei alter Musik feier ich vor allem Doowop-Musik, 50s, Jazz feier ich mit am meisten, gerade Smooth-Jazz, 70er Soul – da liegen auf jeden Fall Einflüsse. Absurd, wie weit da das Feld reicht. Und ja, ich hör genauso gerne auch Trap und mag es die alte und die neue Schule zu verbinden.

Du hast bereits auf Beats von Leuten wie Figub Brazlevič, Morten oder ATBeatz gerappt. Welcher Produzent steht noch auf deiner Instrumental-Bucketlist?
Es kommt immer drauf an, auf welchen Film man gerade abfährt. Deswegen muss man sich auch immer da so treffen können. Wer jetzt so auf meiner Bucket List steht? Ich hab da gar nicht so viel Mitspracherecht, ich muss ja auch immer gucken: Kenn ich die? Ist das überhaupt nahbar? Wenn‘s nach mir gehen würde, wären das die Produzenten von Isaiah Rashad, Kendrick, dem ganzen TDE-Label, aber das ist natürlich nach den Sternen gegriffen. Aber ich guck da eigentlich immer so in meinem näheren Umfeld. Und genauso sind die ganzen Kooperationen mit Figub, AT und so entstanden, das war jetzt nicht irgendwie alles zu weit weg. Und jetzt arbeite ich halt mit Nikondabeat, der ist auf jeden Fall sehr talentiert, jung und hungrig. Shoutout an den, mit dem hab ich gerade viel gemacht! Ansonsten K-Mo von Team Illest, CrookaBeatz.. halt viele junge, hungrige Newcomer aus eher so dem Underground-Bereich – wenn man das so sagen kann.

Wenns nach mir gehen würde, wären das die Produzenten von Isaiah Rashad, Kendrick, dem ganzen TDE-Label, aber das ist natürlich nach den Sternen gegriffen.

Jero über seine Traumproduzenten

Deine neue Single »Hotel« ist draußen und damit das erste musikalische Lebenszeichen nach zwei Jahren. Coronabedingt oder selbstgewählte kreative Pause?
Ne mit Corona hatte das gar nichts zu tun. Eigentlich spielt Corona einem Künstler was Schaffensphase zuhause angeht ja auch irgendwo in die Karten, weil man ja auch nicht mit anderem Zeugs abgelenkt war. Also bei mir auf jeden Fall. Ich hab auch viele Songs gemacht, ist jetzt nicht so, dass ich nix gemacht hab in der Zeit. Aber irgendwie fand ich alles nicht cool genug, um‘s rauszuhauen. Ne Zeit lang hab ich gar nichts geschrieben und mich einfach auf andere Sachen konzentriert: Videos produziert, geschrieben – aber nicht nur Rap geschrieben, alles Mögliche geschrieben – und jetzt bin ich wieder beim Rap gelandet. Und ansonsten interessiere ich mich noch für so viel mehr. Hab vorhin auch wieder kurz geschrieben, einfach für mich. Mal gucken, ob ich mal was daraus. Es geht bei mir nicht nur um Rap, sondern einfach darum kreativ zu sein. Rap ist halt EINE Liebe von mir.

Wie man deinem Instagram-Account entnehmen kann, bist du neben der Musik auch viel am Fotografieren. Stichwort Atmosphäre einfangen – ist das eine Qualität, die dich auch in deiner Musik weiterbringt?
Schließt ja genau an der letzten Frage an. Es geht nämlich auch gar nicht nur um das Rap-Ding, sondern tatsächlich auch eher so um dieses Kreative und um dieses Atmosphäre einfangen. Und tatsächlich hab ich auch im Rap immer eher meinen Fokus auf der Atmosphäre, gar nicht so sehr auf irgendwelchen Triple-Reimen oder irgendwie die krasseste Story zu erzählen, sondern eher so ein atmosphärisches Bild zu schaffen, wo man reingleiten kann. Das ist so mein Ziel. Und genau, in den Fotos genauso: In den Fotos die ich mache versuche ich natürlich auch die Atmosphäre einzufangen.

Eine andere große Leidenschaft von dir ist das Reisen. Kolumbien, Mexiko, Tunesien, Ägypten… Du hast schon einiges gesehen. Gibt es da musikalische Einflüsse, die du mit nach Hause genommen hast? 
Ja, das Reisen inspiriert einen tatsächlich. Vielleicht merkt man es manchmal auch gar nicht, aber erstmal bin ich auch viel alleine gereist, weil ich mich nicht auf andere verlassen wollte. Und das öffnet auf jeden Fall den Charakter, weil man dann quasi mehr auf andere zugehen muss. Somit kommt man da auch viel mehr mit anderen Kulturen in Verbindung.

Ich geb mal das perfekte Beispiel: Ich war mit 19 in Ghana und ich hab dort original nicht ein einziges Mal nur eine Trommel berührt – und als ich zurück war, konnte ich auf einmal trommeln. Das ist verrückt! Weil ich halt die ganze Zeit diesen Rhythmus gehört habe. Also mucketechnisch nimmt man was mit – wenn man Bock auf die Mucke hat. Ich muss sagen, in Tunesien das war nicht meine Mucke, Kolumbien auch weniger. In West- und Ostafrika hab ich aber viel mitgenommen. Man muss es auch fühlen, und da hab ich mich richtig in die Mucke verliebt und die dann auch gesuchtet. Also wenn man sich dafür interessiert und es fühlt, dann nimmt man musikalische Einflüsse mit. Vibes genauso und kulturelle Spirits und Mentalitäten genauso, wenn man sich drauf einlässt.

Nachdem es zwei Jahre mehr oder weniger still um dich war, ist jetzt frisch die neue Single rausgekommen. Außerdem hast du auf Social Media auch schon erwähnt, dass du genug Songs für mindestens eine EP hast. Was ist musikalisch für dieses Jahr noch geplant?
Dieses Jahr hab ich auf jeden Fall geplant jeden Monat einen Song rauszuhauen. Es sind auf jeden Fall genügend vorhanden, also es ist genügend da, dass ich jetzt jeden Monat einen Song raushaue. Sollte ich es noch schaffen, eine EP rauszuhauen. Das ist auf jeden Fall das Ziel – und das ist auch realistisch. Da freue ich mich auch schon drauf, das wird so ein kleines Herzensprojekt. Das wird auch ein ganz eigener Sound, der auch ganz typisch für mich ist, und der im Deutschrap fast – oder quasi gar nicht – stattfindet.