Die besten Releases der Woche mit Kendrick Lamar u.v.m.

Die internationalen Neuheiten der Woche im Überblick. Mit dabei sind Jacob Banks, Kenny Mason und Kendrick Lamar.

Kendrick Lamar – GNX

HE DESERVES IT ALL: Kendrick Lamar hat es wie Beyoncé à la »Beyoncé« gemacht und am Freitagabend ohne große Ankündigung überraschend sein neues Album »GNX« veröffentlicht. Mit diesem spontanen Album-Drop hat King Kenny einmal mehr bewiesen, dass dies seine Welt ist – und wir froh sein können, in ihr zu leben. Nachdem Kendrick mit »euphoria«, »Not Like Us« und »meet the grahams« nicht nur Drake, sondern auch alle letzten kritischen Stimmen gegen ihn verstummen ließ, kommt »GNX« nach den sieben Grammy-Nominierungen
(fünf davon für »Not Like Us«) als krönender Höhepunkt seines Runs.

Das neue Projekt »GNX« erinnert in der Produktion teilweise entfernt an sein kommerziell erfolgreichstes Album »DAMN.«, klingt aber gleichzeitig deutlich mehr nach Kendrick Lamar wie wir ihn nach sieben Alben lieben. Es ist ein sehr rohes und direktes Album, mit dem Kendrick einen radikalen Bruch mit seinen vorherigen, langen und komplexen Konzeptalben vollzieht. Damit beweist er den Kritikern dieser Projekte, dass er wirklich jede Facette der Rap-Kunst beherrscht – und sowohl kurz und knackig überzeugen kann als auch auf dem langen, verschachtelten Weg. Dabei spart er weder an lyrischer Finesse noch an cleverem Storytelling

…Erbe der Westküste…

Gleichzeitig unterstreicht er aber auch seinen Stand in der Musikindustrie, seine harte Arbeit und was ihn von den Mainstream-Sellouts unterscheidet. Im selben Zuge zollt er erneut der reichen Geschichte der West-Coast-Hip-Hop seinen Respekt – ein Erbe, dessen Einfluss sich bis heute durch alle seine Projekte zieht. Neben dem Süden, vertreten durch Doechii und Denzel Curry, dominierte die West Coast dieses Jahr mit ScHoolboy Q, Vince Staples, Tyler, the Creator und Kendrick Lamar.

Ein weiteres Highlight: Fans lagen mit ihren Verschwörungstheorien teilweise richtig. Der Snippet, der als Intro für das Musikvideo zu »Not Like Us« diente, wird hier in seiner ganzen glorreichen 80s-Synth-Landschaft auf »squabble up« fortgeführt. Der Track »reincarnated« erinnert melodisch stark an das Instrumental des französischen Rap-Duos La Caution – »Thé à la menthe«. Ein Instrumental, das durch eine ikonische Filmszene aus Ocean’s Twelve bekannt wurde.

Auch wenn der Gedanke an den Diss mit Drake zunächst im Vordergrund von »GNX« stand, wird dieser beim Hören schnell zur Nebensache – ein scheinbar gezielter Schachzug von Kendrick. »The Heart Part 6« war ursprünglich von Drake als ultimativer Diss gedacht, doch Kendrick Lamar kümmert das in der Realität offenbar wenig. Mit seinem eigenen »heart pt. 6« führt er auf dem Album seine eigene Serie fort und erwähnt seinen angeblichen Erzfeind nicht mit einer einzigen Zeile.
Gleichgültiger kann man nicht sein – und der Song beeindruckt durch Kendricks Storytelling über TDE.

…viele Köche…

Produziert wurde »GNX« unter anderem von Jack Antonoff, Sounwave, Dahi, Mustard, M-Tech, Kamasi Washington und Terrace Martin. Jack Antonoff mag überraschen, aber nur, wenn man nichts über dessen vorherige Zusammenarbeit mit TDEs Sounwave weiß. Das Ergebnis ist jedenfalls eine Wiedergutmachung für Antonoffs langweilig produziertes Taylor-Swift-Album »The Tortured Poets Department«. Features kommen von SZA, Ink, Sam Dew, Deyra Berrera und anderen eher unbekannten Artists. Insgesamt haben viele Hände mitgewirkt, ohne die Suppe zu verderben.

Das Album unterstreicht auch noch einmal, warum Kendrick Lamar als Performer für die Super-Bowl-Halftime-Show gegenüber Lil Wayne keineswegs als „Snub“ betrachtet werden sollte. Vielmehr war es die richtige Entscheidung – angesichts dieses Momentums von Kendrick.

Jacob Banks – Yonder: Book I

Eine Person, die als silver-tongued beschrieben wird, besitzt die Fähigkeit, andere Menschen mühelos zu überzeugen – unabhängig davon, wovon. Dies kann sowohl in einem negativen, hinterhältigen Kontext als auch im positiven Sinne gelten. Eine silberne Zunge geht jedoch immer mit einer gewissen Eloquenz und Cleverness einher. All das trifft auch auf Jacob Banks zu, zumindest soweit, dass der nigerianisch-britische Künstler mit seiner Stimme ganze Hallen verzaubern kann.

Auf seinem Track »Silver Tongue« ist allerdings nicht er derjenige mit der Silberzunge, sondern derjenige, der ihrer Versuchung durch innere Stärke widerstehen kann. Der Song ist Teil seiner neuen EP »Yonder: Book 1«, die uns durch cineastische und jazzige Töne einmal mehr überzeugt. Der Titel Book 1 lässt uns dabei vor allem auf eine Fortsetzung hoffen.

Kenny Mason – Angel Eyes

Ein Künstler, den wir vor allem durch Features auf den letzten Projekten von JID, Denzel Curry oder TOBi wahrgenommen haben. Dennoch passt der Begriff „Newcomer“ für Kenny Mason längst nicht mehr – dafür hat der 29-Jährige bereits zu viele eigene Projekte in seiner Diskografie.

Sein neues Album heißt »Angel Eyes« und dürfte vor allem Fans von alternativem Trap mit seinen neun Tracks überzeugen. Insgesamt ist das Projekt jedoch etwas zu eintönig, um wirklich herauszustechen. Songs wie »TEEN GOHAN«, »INTUITION« und »ANGEL EYES« zeigen jedoch ruhige, aber dennoch spannende Ansätze, die auf interessante Projekte in der Zukunft hoffen lassen.