Mit Anfang 20 war ich wack / Aber guck’ mal jetzt, ich werde langsam perfekt
Das Intro »Benjamin Button« fasst es eigentlich ganz gut zusammen: Fatoni altert wie ein guter Wein. Der Sommerhit »Feeling« dieses Jahr unterstreicht das genauso wie sein letztes Soloalbum »Andorra«, das 2017 gemeinsam mit Mine veröffentlichte Kollaboalbum »Alle Liebe Nachträglich« – oder eben unser Staff Pick »Yo, Picasso«, der so etwas wie der Startschuss für die Reihe an erfolgreichen Veröffentlichungen war. Mit jedem Release scheint sich der Münchner noch ein Stück weiter zu entwickeln.
Angefangen hat bei Fatoni dabei alles schon weitaus früher. Bereits im Jahr 2000 wurde die Crew Creme Fresh ins Leben gerufen, so richtig durchschlagende Erfolge konnte die Gruppe um die heutigen Moop Mama-Mitglieder Bustla, Keno und ihn aber nie verbuchen. Die 2011 begonnene Solokarriere lief da schon besser und brachte unter anderem die gefeierte Edgar Wasser-Kollaboplatte »Nocebo« hervor. Trotzdem war es vor allem das Jahr 2015, das endgültig einiges änderte:
Dieses Album hat viel für uns verändert! Damals war Dexter noch auf Nachtschicht und Fatoni stand auf der Theaterbühne und spielte um 9 Uhr morgens das Wintermärchen vor einer Horde Kindern.
Fatoni auf Instagram über das Album
Drei Jahre wurden laut demselben Insta-Post benötigt, um »Yo, Picasso« fertigzustellen. Drei Jahre, in denen an jeder noch so kleinen Snare und jeder Zeile geschraubt und gewerkelt wurde. Die harte Arbeit hat sich ausgezahlt: Viel hat sich seitdem verändert. Nicht nur ist Fatoni seit neuestem auch im Tatort zu sehen und damit seinem z.B in der »splash! Mag Cypher 22« angesprochenen Traum, ein Tatortkommissar zu werden, ein entschiedenes Stück nähergekommen. »Yo, Picasso« ist auch das erste seiner Projekte, das in den Charts einstieg (Platz 23) und ihn zu einem Namen außerhalb der einschlägigen Deutschrap-Bubbles gemacht hat.
»Yo, Picasso« bietet aber auch wirklich so gut wie alles, was man als Deutschrap-Fan haben möchte. Die mit Liebe gediggten Samples von Dexter bieten mit ihrem mal jazzigen, mal von Blues durchzogenem aber immer modernem Sound den nötigen Unterbau für Tonis stets unterhaltsame und bisweilen bissige Zeilen. Das geht auf der Standout-Single »Authentizität« los, für die der gelernte Schauspieler Fatoni einen starken Kurzfilm auffährt und die Glaubwürdigkeit der Gesellschaft, seines Umfelds und vor allen Dingen sich selbst hinterfragt.
Auch Tracks wie »Semmelweisreflex« oder »32 Grad« sind ähnlich tiefgehend gestrickt und bieten Einblick in seine Reflektion über Mittelmäßigkeit oder Ignoranz. Mit viel subtiler Ironie gespickt, liefert Fatoni so viel Raum zum Nachdenken – ohne direkt mit dem Finger draufzuzeigen. All das macht »Yo, Picasso« zu einem Album, das auch sechs Jahre nach Erscheinen noch neue Sachen zum Entdecken beinhaltet und genau deshalb auch Teil dieser Plattenkiste ist.