Jahresrückblick 2024: Die 10 besten deutschsprachigen Singles

Es ist wieder Zeit für den Mostdope-Jahresrückblick. Jeden Adventssonntag blicken wir auf das Jahr 2024 zurück und stellen euch unsere Bestenlisten in verschiedenen Kategorien vor. Welche Künstler*innen haben das zurückliegende Jahr mit ihren Songs, EPs oder Alben am meisten geprägt für uns?

Zum 2. Advent stellen wir euch hier unsere Top 10 der deutschsprachigen Singles vor. Welche Tracks aus diesem Jahr hat die Redaktion am meisten gefeiert?

Honorable Mentions

Bevor die vordersten zehn Plätze kommen, gibt es hier noch einmal eine Auswahl an Tracks, die das Ranking nur ganz knapp verpasst haben. Unter den über 80 zur Auswahl stehenden Songs bei unserer Bestenliste haben es diese Tracks zwar nicht ganz nach oben geschafft, aber unser Jahr 2024 stark geprägt.

• Souly – Bossbaby Intro
• Bazzazian & Brutalismus 3000 – Fleisch & Geld
• oddworld & Levin Liam – ich mach mich (regardless)
• Boondawg – Gangsigns
• tooloudfortheroom – Eimsbüttel:Altona
• Jassin – Bind mir die Augen zu


Platz 10: $oho Bani & Herbert Grönemeyer – Zeit, dass sich was dreht (VÖ: 23.02.)

Beinahe 20 Jahre, nachdem Herbert Grönemeyer alles zum Drehen gebracht hat und einen großen Teil zu einem unvergesslichen Sommer beigetragen hat, sieht die Welt ganz anders aus: Die Kinder, die damals unbeschwert WM geschaut haben und ihre BRAVO Hits-CD mit dem Track darauf gekauft haben, sind nun erwachsen geworden – und lesen den Songtitel mittlerweile anders. $oho Bani, 2006 noch sieben Jahre alt, sieht sich und seine Generation in eine Zukunft voller Ungewissheit, Faschismus und Klima steuern. Seine Neuinterpretation fällt dementsprechend deutlich düsterer und drückender aus als noch das Original, doch ist dafür umso fordernder: “Meine Welt brennt, wo ist die Leidenschaft?”.

Platz 9: Paula Hartmann, Domiziana & Verifiziert – gebrochenes Glas (VÖ: 08.03.)

Wer letztes Jahr eine Paula Hartmann Show besucht hat, ist höchstwahrscheinlich schon in den Genuss dieses Tracks gekommen, damals aber noch ohne Features. Auf einem mitreißenden Beat irgendwo zwischen Trap, digitalen Arpeggios und rauschenden Synths macht Paula das, was sie am besten kann: Ergreifende Bildsprache, märchenhafte Metaphern, gemischt mit einer großen Prise Herzschmerz, der auf diesem Song durch Hass und eine selbstzerstörerische Nacht ausgeprägt wird. Die Kombination mit Domiziana und Verifiziert klingt erstmal ungewohnt, harmoniert aber fabelhaft, wobei die beiden jeweils ihren eigenen Stil mit reinbringen. Die drei haben eine mitreißende Live-Hymne kreiert, die es unmöglich macht wuterfüllte Zeilen wie “Lieber hass ich dich als jemanden anderen zu lieben” nicht mitzuschreien.

Platz 8: OG LU & Donna Savage – Rihanna (VÖ: 03.05.)

“Fängst ‘n Hieb, von Frankfurt bis Vienna” – Schnörkellosigkeit und ganz wenig Interpretationsspielraum ist schon immer OG LU’s Stärke gewesen, seitdem die Frankfurterin ihre roughen FFM-Sounds seit einigen Jahren in Deutschraps Ohren festgesetzt hat. Auch ihr 2024 erschienenes Album »TKO« knüpft da nahtlos an, verteilt Schellen links und rechts und eben auch bis weit nach Wien rein.

Dort wartet mit Donna Savage nämlich eine Rapperin, die nicht minder bereit ist, ihren hart erkämpften Platz im Rapgame zu verteidigen. Ganz nach der titelgebenden Ikone Rihanna ist und bleibt die Devise “man down” – kompromissbereiter wird’s nicht mehr bei den beiden.

Platz 7: K.I.Z – 2001 (VÖ: 08.06.)

Es ist 2024 und die Welt ist so schräg geworden, dass K.I.Z sich eindeutiger denn je gerade machen. Für »Görlitzer Park« weichen die sonst so verschachtelt-absurden Lines der drei Berliner erstaunlich straightforward geschriebenen Zeilen ohne doppelten Boden und einem flächendeckend ernüchterten Grundton. Zwischen all den beklemmenden Momentaufnahmen aus der Jetztzeit wirft »2001« aber auch den Blick in den Rückspiegel, um die eigene Jugend zu skizzieren. So fungiert der Maxim-Storyteller als dreiaktiger, sich drückend aufbauender Song über die Wirrungen des Erwachsenwerdens als Bindeglied eines Albums, auf dem K.I.Z dies gewissermaßen selbst tun.

Platz 6: Souly & Domiziana – Warum immer ich (VÖ: 26.04.)

Souly und Domiziana – was schon in der Theorie nach einer der spannendsten Kollabos des derzeitigen status quo von Deutschrap klingt, ist in der Praxis sogar noch besser aufgegangen. Hier kommen zwei Künstler*innen zusammen, die das darin enthaltene Wort Kunst sich sehr zu Herzen nehmen und nicht nur in ihrer Musik immer ein wenig abseits des Pfades wandeln. Auf dem durch Mark und Bein gehenden Instrumental von »Warum immer ich« verlieren sich die beiden in Ängsten, Selbstzweifeln und Clubnächten, nur um sich im nächsten Moment wieder in das nächste Gewirr zu werfen.

Platz 5: RIN – 1994 (VÖ: 19.09.)

Nach über einem Jahr Wartezeit meldete sich RIN im September endlich mit neuer Solo-Musik zurück – und das Warten hat sich gelohnt. »1994« ist eine Hommage an RINs Geburtsjahr und an die Sounds und Vibes der 90er und 2000er-Jahre, untermalt von popkulturellen Referenzen und Größen wie Good Charlotte oder A$AP Rocky. Der Track kombiniert RINs unverwechselbaren Flow mit Old-School-Vibes, während das Musikvideo im Camcorder-Stil den passenden Retro-Look liefert. Hinter der Produktion steht einmal mehr dieses Jahr das Produzenten-Duo oddworld, bestehend aus Alexis Troy und Minhtendo, mit denen RIN in der Vergangenheit bereits öfter zusammengearbeitet hat. Ein Track, der Nostalgie und Moderne vereint und unsere Top 5 eröffnet.

Platz 4: Ramzey – Brian (VÖ: 27.09.)

Es macht immer Spaß, wenn man bei Artists merkt, dass sie selbst noch richtig Bock auf die Musik haben, die sie machen. Genau so klingt der Track »Brian« von RAMZEY: als hätten Ramzey und Producer Yaze einfach mal Lust gehabt, UK-Punk zu machen – aber eben in einer Deutschrap-Version. Das Ergebnis kommt extrem gut an und zusammen mit dem smart-dumm-lustigen Text ist »Brian« eine runde Sache. Großartiger Track, der beim Hören wahnsinnig viel Spaß macht. Bitte mehr davon in 2025!

Platz 3: Ebow – Free. (VÖ: 03.05.)

»Free.« ist eine Hymne voller Schmerz und Verzweiflung, die aus geteiltem Leid ein tiefes Gefühl von Verbundenheit formt. »Free.« ist ein Anker inmitten aller Hoffnungslosigkeit. »Free.« ist ein extrem schönes und persönliches Lied mit einer universellen Botschaft: „Free my people!“
Mit »FC Chaya« wollte Ebow das Album erschaffen, das sie als Jugendliche gebraucht hätte. Und »Free.« ist ohne Zweifel genau das: ein Song, den viele, bei weitem nicht nur Jugendliche, gerade ganz dringend gebrauchen können!

Platz 2: Apsilon – Koffer (VÖ: 25.07.)

Vom roughen, hektischen Straßensound zu sanften, aber nicht weniger schweren Balladen – Apsilons Repertoire-Erweiterung, die spätestens mit »Baba« begann, setzte sich auch auf seinem Debütalbum »Haut wie Pelz« fort. Als absoluter Standout-Track im neuen Stil ist »Koffer« das atmosphärische Intro für jenes Album, über das sicher noch in einer weiteren Top10 gesprochen werden muss. Wenige Zeilen, die dafür umso stärker einschlagen, und ein unglaublich schönes, filigran arrangiertes Instrumental unterstreichen, auf welchem Niveau Apsilon mitsamt seinem Produktionsteam um Bruder Arman, Bazzazian und Ralph Heidel mittlerweile als Künstler arbeitet.

»Koffer« ist ein Song, der auch losgelöst begeistern kann, aber schließlich im Albumkontext verstanden werden muss, um seine volle Größe zu erreichen.

Platz 1: OG Keemo & Levin Liam – Bee Gees (VÖ: 07.12.23)

Seid ehrlich, wer von euch hätte diese Feature-Zusammensetzung erwartet? »Bee Gees« steckt voller ungewohnter Überraschungen: Ein melodiöser Keemo, ein Levin der sich (erfolgreich) am Rap versucht und das alles auf einem Vocal-Sample von Nina Chubas Nummer 1 Hit »Wildberry Lillet« Die Rechnung ging aber auf und der einschlagende Erfolg des Songs spricht für sich. Als hätten sie diesen antizipiert, rechnet das Duo auf diesem mystisch-atmosphärischen Track mit der deutschen Musiklandschaft ab und verteilt Shots, als gäbe es kein Morgen. Besonders bei Levins schelmischen Lines kann man sich oft das Lachen nicht verkneifen. Spätestens mit diesem Part hat er Deutschland bewiesen, dass er nicht ohne Grund auch das Hip-Hop Siegel trägt.