Danny Brown - Stardust
Danny Brown - Stardust

Nüchtern, verliebt und gewohnt experimentell: Danny Brown zeigt sich verwandelt auf »Stardust«

Wenn man Danny Browns Album »Stardust« hört, darf man eine Sache nicht vergessen: Es ist das erste Album, das er nüchtern geschrieben hat. Als Fan freut man sich für ihn, aber klingt die Musik dadurch weniger spannend? Ganz und gar nicht, denn Danny Brown macht das, was er am besten kann, und sorgt für eine Menge Überraschungen auf dem Album. Die vielen elektronischen Einflüsse klingen ungewohnt, sind aber nicht vollkommen neu, denn schon auf seinem 2013 erschienenen Album »Old« hat er mit Electronic-Producer*innen gearbeitet.

Vor zwei Wochen erschien der Director’s Cut von »Scaring The Hoes« (lies hier unsere Review zum originalen Album), jetzt droppt Danny Brown sein Soloprojekt »Stardust« – wobei von solo nicht wirklich die Rede sein kann. Auf gleich zwölf der 14 Tracks hat sich Danny Brown Verstärkung von jungen, aufstrebenden Artists geholt. Durch die Kollaborationen und seine Drogenabstinenz hat er laut eigener Aussage wieder den kindlichen Zustand und den Spaß an der Musik gefunden. Daher geht es im Album auch darum, seinen Sinn zu finden und zu verstehen, wieso man etwas überhaupt macht.

Wenn man sich also etwas Zeit nimmt, sich im Schlafzimmer einsperrt und die Kopfhörer aufsetzt, wird man bei »Stardust« verschiedenste Gefühlswelten durchleben. Direkt im ersten Track »Book Of Daniel« zeigt er seine verletzliche Seite und geht darauf ein, was er in seiner Karriere und besonders in der letzten Zeit gelernt hat. Zum einen kritisiert er dabei die Entwicklung der Musikszene und den Fokus auf Klicks anstatt auf die Kunst. Zum anderen reflektiert er sich selbst und ist stolz, dass er seine Süchte überwunden hat. „When I didn’t have hope, I was turning to dope“ gilt für ihn heute nicht mehr.

Genre- und konventionslos

In diesem Album wird es allerdings nicht nur um Gefühle gehen – auch das Image des harten Rappers wird gefüttert. Das beweist er im zweiten Song »Starburst«, der im September als erste Single erschien: „They woke up the monster, so I divide and conquer“. Und wenn man sich das von DEADHORSES produzierte Musikvideo anschaut, weiß man, dass mit diesem Monster nicht zu spaßen ist. Ein Workout im Glaskasten und Sounds, die aus einer Industriehalle sein könnten, lassen den Mann mit dem stählernen Oberkörper wie eine Maschine wirken.

Danny Brown wäre aber nicht Danny Brown, wenn er für den Rest des Albums den harten Rapper raushängen lassen würde. Er ist nämlich auch ein „Rapstar, Popstar, Rockstar“ wie underscores in »Copycats« immer wieder wiederholt und den Hörer*innen so einen Ohrwurm eintrichtert. Die junge Kalifornierin hat den Partysong selbst produziert und Danny Brown nachhaltig beeindruckt. Nachdem er den Song mit ihr bereits auf Coachella performt hat, nimmt er sie nun mit auf seine Nordamerika-Tour. Und auch beim Musikvideo-Dreh, in dem sie sich in einer Limousine vor Groupies verstecken, haben die beiden mit ihrer guten Chemie überzeugt.

Auf dem Album geht es stark elektronisch weiter. Während JOHNNASCUS seine Stimme mit Screams auf »1999« komplett verausgabt, erinnert 8485 auf »Flowers« eher an Jennifer Lopez vor 15 Jahren. Auf letzterem Song hebt sich Danny Brown mit energiegeladenen Parts stark ab und sorgt für Kontraste, die keine Langeweile aufkommen lassen. Das ist bei »Lift you up« nicht möglich, da dieser neben „Starburst“ der einzige Track ohne Feature ist. Der Titel verspricht gute Laune und der Beat ist dafür wie gemacht. Kombiniert mit Danny Browns Flow und seiner Aufforderung „Get your ass up off the couch“ verleitet der Song zum Tanzen.

Danny Brown lässt so tief blicken wie nie

Kaum ist »Lift You Up« vorbei, kann man sich wieder setzen – oder sogar hinlegen und die Augen schließen: Auf »Green Light« erwartet uns eine verträumte Melodie und das Feature von Frost Children ist hier gut gewählt. Die helle Stimme von Sänger Lulu Prost eröffnet eine kurze, aber wichtige Liebes-Episode des Albums. Auf »What You See« gibt Danny Brown zu, nicht an Liebe interessiert gewesen zu sein, nachdem sein Herz einmal gebrochen wurde. Er liebte nicht einmal sich selbst und hoffte, dass Drogen ihm in seiner Situation helfen. Nun, da er seinen Lebensstil geändert hat, hat sich auch sein Blick auf die Liebe geändert.

Er will allen Versuchungen widerstehen und clean bleiben, denn er sagt, dass es etwas gibt, wofür es sich zu leben lohnt. Die Liebeserklärung an seine Partnerin, die ihm in den schwierigen Zeiten zur Seite gestanden hat, ist der emotionale Höhepunkt des Albums und zeigt, was es Danny Brown bedeutet, clean zu sein und zu bleiben. Es geht ihm nämlich um mehr als nur seine eigene Gesundheit, er zeigt sich als liebender Partner. Solche Emotionen sieht man von Rappern ganz, ganz selten.

Mit dem zweiten elektronischen Partysong »Baby« reißen uns Danny Brown und underscores aus der Liebesepisode. Doch nicht nur Danny Brown zeigt, dass man auf diese Beats mit Power rappen kann. IssBrokie macht es ihm als weiblicher Gegenpart auf »Whatever the Case« nach. Sie zeigt, dass Danny Brown seine Features für das Album sorgfältig ausgewählt hat – er kennt die meisten und hat mit vielen bereits auf anderen Tracks zusammengearbeitet. Die gemeinsame Arbeit macht ihm Spaß und daher lautet auch der Song mit Femtanyl »1L0v3myL1f3!«. Sie ist für ihre schnellen Beats bekannt und wird ihn auf seiner Tour ebenso wie underscores unterstützen.

»The End« ist nicht The End

Für den Abschluss des Albums nimmt Danny Brown das Tempo zunächst etwas raus und reflektiert sich selbst. Mithilfe von Nnamdi zeigt er, dass er früher »RIGHT FROM WRONG« nicht unterscheiden konnte. Er legt seine Eifersucht auf andere offen dar und möchte sich ändern. Künftig will er von anderen stattdessen inspiriert werden. Dann wird es mit »The End« wieder schneller. Der Track ist der einzige mit zwei Features: die Ukrainerin Ta Ukrainka und die Australierin Zheani sorgen für einen Track, der es auf fast 9 Minuten bringt. Ein besonderes Highlight ist hier der osteuropäische Touch von Ta Ukrainka, denn sie rappt und singt auf Ukrainisch und Polnisch.

»The End« ist aber nicht der letzte Titel des Albums. Danny Brown hat noch einen im Köcher und beendet das Album mit dem Track »All4U!« mit Jane Remover. Er resümiert nochmal seine Karriere und zeigt sich stolz auf seine Reise: „I didn’t know I could make it this far“. Gleichzeitig ist er sich bewusst, dass der Kampf gegen seine Suchterkrankungen nicht vorbei ist und er hier beständig bleiben muss. Dabei wiederholt er, dass er jemanden hat, für den er es tut: „Now I do it all for you.“

Danny Brown zeigt sich auf seinem sechsten Album besonders verletzlich, aber auch stark. Auch wenn die Drogengeschichten aus seinem Podcast unterhaltsam sind, konnte er nie als gutes Vorbild gesehen werden. Mit diesem Album vollzieht er einen Imagewandel, von dem man hofft, dass er lange anhält. Musikalisch ist er hingegen ganz der Alte: Er zeigt sich neugierig und experimentiert mit verschiedensten Artists. Dabei lässt er sich von der neuen Generation inspirieren und bringt so ein Album heraus, dass durch seine Vielschichtigkeit nie an Energie verliert.

Fazit
Auf »Stardust« zeigt Danny Brown eine starke persönliche Entwicklung, ohne dabei seinen musikalischen Stil zu verlieren. Gleichzeitig dient das Album als Spielwiese für einige begabte Feature-Artists, von denen wir in Zukunft sicherlich noch vieles hören werden.
9