Soundcheck: Earl Sweatshirt - SICK!
Foto via Tan Cressida / WMG

Earl Sweatshirt – SICK! // REVIEW

Earl Sweatshirt besitzt hierzulande nach wie vor den Geheimtippstatus. Dabei hatte der MC aus Los Angeles bereits mit seinem Debüt »Earl« im Jahr 2010 die Kritiker*innen mit krudem Sound und Lyrics für sich gewinnen können. Kurz darauf musste er seine Rapkarriere für einen von seiner Mutter auferlegten Aufenthalt in Samoa unterbrechen und konnte so nicht am großen Hype, der seiner damaligen Crew Odd Future zu Teil wurde, partizipieren. Dennoch releaste er gleich nach seiner Rückkehr in die USA wieder Musik und hat bereits drei Studioalben releast, die allesamt gute Rezensionen von Fachpresse und Fans erhielten, es jedoch nie an die wirklich große Masse schafften. Nun erschien am letzten Freitag sein viertes Album »SICK!« mit welchem er wieder einmal dem Einheitssound des Mainstreams die Stirn bietet.

Earl kämpft über die 10 Songs mit seinen inneren Dämonen – wie seiner Alkoholsucht – aber auch mit äußeren Einflüssen, denn das Album wurde gänzlich während der Corona-Pandemie produziert, geschrieben und aufgenommen. Dabei sticht immer wieder sein Talent für verschachtelte Lyrics und Reime hervor. »SICK!« klingt eventuell klarer und weniger experimentell als vorherige Releases von Earl. Nichtsdestotrotz verliert er über die 24 Minuten Spielzeit kein Stück seiner Eigensinnigkeit. Beispielsweise lässt sich nicht eine einzige Bridge oder ein echter Refrain auf der Platte finden, was ihr aber keinen Abbruch tut, denn hier geht es weniger um Ohrwürmer und eingängige Melodien.

Dies macht sich natürlich auch am Sound bemerkbar. So sind die Kicks im Titelsong »Sick!« rückwärts gespielt und »God Laughs« kommt mit der halligen Vocalaufnahme fast wie eine Spoken Word-Nummer daher. Das Album an sich ist sehr divers. So finden sich darauf sowohl harte Trapsounds wie auf »Titanic« als auch weiche Streicher im Opener »Old Friend« und Soulsamples auf »Tabula Rasa«. Für die Produktionen auf »SICK!« waren sieben Produzenten am Werk. Drei der Beats stammen sogar von niemand geringerem als The Alchemist. Die einzigen Featuregäste auf der Scheibe sind ZelooperZ aus Detroit und das Duo Armand Hammer aus New York.

Insgesamt ist »SICK!« schwere Kost und definitiv kein Album, das man nebenher hören sollte, obwohl es zumindest stellenweise zum Abschalten einlädt. Dennoch – oder gerade deshalb – sticht es heraus und wird sicher noch lange von Fans gehört werden, denen er mit seinem neuesten Album Abwechslungsreichtum und gleichzeitige Besinnung auf seine Wurzeln präsentiert.