Staff Pick: Childish Gambino - Because The Internet

Childish Gambino – Because the Internet

“Was kannst du eigentlich nicht?” möchte man Donald Glover am liebsten zurufen. Gerade hat er die heiß erwartete dritte Staffel von »Atlanta« mit einem Teaser angekündigt, die Serie, dessen Gesicht er als Executive Producer, Hauptdarsteller Earn und Regisseur ist. Seine Rolle als Troy bei der Comedyserie »Community« ist genauso bekannt, dazu gesellen sich Drehbuchschreibereien bei Serien wie »30 Rock« , Kinoauftritte bei »Star Wars« und »Spiderman« oder Stand-Up Comedy Shows. Trotzdem ist die Karriere vor und hinter der Kamera nur die eine Seite seines Schaffens. Donald Glovers Talente liegen genauso in der Musik, wo er sich als Childish Gambino seit den 2010ern auslebt.

Sein zweites Album »Because the Internet« schlägt dabei die Brücke zwischen Film und Musik so gut wie kein anderes seiner Projekte. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im Jahr 2013 wurde gerade die fünfte Staffel von »Community« gedreht – mit allerdings nur fünf Folgen, in denen sein Charakter Troy vorkommt. Die Priorität in dieser Zeit hat eindeutig auf der Musikkarierre gelegen, auf die Bino sich konzentrieren wollte. Kein Wunder, denn »Because the Internet« ist mit ordentlich Promo, Konzept und vor allem Arbeit gekommen. Es sollte ein Album werden, das die universelle Sprache des Internets spricht und die Internetkultur ins Zentrum rückt – einen Ort, den er eigentlich schrecklich findet und wo er sich weniger menschlich fühlt, wie er 2018 mal im New Yorker Magazine erzählt hat.

Trotzdem oder genau deswegen wird »Because The Internet« von einer multimedialen Promophase begleitet, die wohl die größte in seiner musikalischen Karriere bleiben wird. Das Album, das im Dezember 2013 erscheinen soll, wird bereits im Juli vorsichtig mit dem Track »Centipede« angeteasert. Ein Monat später folgt der Kurzfilm »Clapping for the Wrong Reasons« und zwei Monate darauf mit »3005« die erste richtige Single des Albums.

Vier Tage vor Albumrelease dann das Herzstück zu »Because the Internet«: Durch ein 72-seitiges Screenplay, das damals über becausetheinter.net abrufbar war, erhält das Album eine komplette Geschichte, die den Rahmen für die Musik legt. Über fünf Akte erstreckt sich die Geschichte, die von einem Hauptcharakter erzählt, der lediglich als “The Boy” vorgestellt wird. Die sehr kurze Kurzfassung des Screenplays: The Boy verbringt seine Tage damit, Prominente auf Twitter zu trollen und Videos auf WorldStarHipHop hochzuladen. Zum Ende hin verkauft er Drogen, um an Geld zu kommen. So richtig zielführend ist die Geschichte nicht, sondern wirft ständige Fragen auf und zwingt quasi dazu, sich mit ihr und damit auch mit der Musik auseinanderzusetzen, in der man auf eventuelle Antworten hofft.

Alle clevere Promo und ausuferndes Begleitmaterial hilft aber nicht, wenn die Musik nicht hinterherkommt, denn genug Menschen werden die 72 Seiten niemals gelesen haben. Macht nichts, denn »Because the Internet« lässt sich auch ohne begleitende Geschichte wunderbar anhören. Die Produktionen dafür kommen von ihm selbst und einem alten Bekannten. Der schwedische Community-Komponist Ludwig Göransson zeigt sich mitverantwortlich für den Sound des Projekts, der von atlantatypischem Trap über samtigen R’n’B bis hin zu staubigen Jazzklängen reicht. Dass die beiden häufig genug kreativ zusammengerabeitet haben, zeigt sich wieder und wieder auf den insgesamt 19 Tracks. Die ausgewählten Features in Form von R’n’B-Sängerin Jhené Aiko, der kontroversen Rapperin Azealia Banks oder einem Chance the Rapper in »Acid Rap«-Form tun gemeinsam mit Göransson ihr übriges, um »Because the Internet« nicht zu einer Donald Glover One Man Show werden zu lassen.

Das funktioniert einigermaßen, trotzdem liegt nach dem Abklingen des Outros »III. Life: The Biggest Troll« natürlich der Gedanke in erster Linie darauf, dass dieser Childish Gambino einfach eine Ausnahmeleistung abgeliefert hat. 58 abwechslungsreiche Minuten sind vorbei, einige Fragen wurden geklärt, andere sind gerade erst aufgekommen und eine steht nach wie vor im Raum: “Was kannst du eigentlich nicht?”