Neromun – ehemals bekannt als Negroman – dürfte den meisten im Zusammenhang mit dem Label Sichtexot ein Begriff sein. In der Vergangenheit berappte er vornehmlich eher klassische Beats und zeigte dabei in seinen Lyrics, wie nah Genie und Wahnsinn beieinanderliegen. Nun hat er sich einem Sound zugewandt, welcher nicht näher am Zeitgeist liegen könnte. So releaste er am Freitag das Album »Blass« und zeigt damit, dass er nicht nur den alten Namen abgestreift hat.
Was auf den 11 Songs natürlich direkt hervorsticht, ist der teils schon fast exzessive Einsatz von Autotune und Vocoder – wie beim Opener »Siblings« – welcher in dieser Form bisher nicht in seiner Musik stattfand. Auch verzichtet er zum meist auf die gewohnten, verschachtelten Querverweise auf große Denker und Dichter, sondern widmet sich größtenteils den Melodien. Glücklicherweise hat Neromun dennoch nichts von seinem Scharf- und Wahnsinn eingebüßt. Oft genug fragt man sich während der Platte, was er da eigentlich erzählen will. Dennoch lässt er immer wieder deutlich ernste Themen wie Gesellschaftskritik oder den eigenen Identitätskonflikt durchblicken.
Der Produzent Slave L sorgt für die passende und sehr moderne Untermalung für Neromuns teils verwirrende Lyrics. Weiche Synthies und wabernde Bässe schaffen die optimale Atmosphäre für Lieder ohne festes Thema. Dabei wirken die Beats, trotz ratternder Hi-Hats und knallender Snares, durchweg warm und entspannt.
Alles in allem hat Neromun seinen Stil- und Namenswechsel sehr gut gemeistert. Wenigen Artists gelingt ein so großer Bruch mit seinem bisherigen Stil, ohne dabei an Authentizität einzubüßen. Mit »Blass« dürfte sich der Mainzer nun – verdientermaßen – endlich einer größeren Hörer*innenschaft vorstellen. Auch wenn der neue Sound natürlich alten Fans vor den Kopf stoßen könnte.