Die internationalen Neuheiten der Woche im Überblick. Mit dabei sind Kehlani, The Streets, Knucks & Fimiguerrero, Hiatus Kaiyote, Mustard und Travis Scott.
Ezra Collective & Yazmin Lacey – »God Gave Me Feet For Dancing«
Anfang der 2000er Jahre konnte man sich kaum ein Musikvideo vorstellen, welches nicht mit einer großartigen Tanz-Choreographie glänzte. Die Aushängeschilder dafür waren unter anderem Ciara und Missy Elliott. Tanz und Musik gehen Hand in Hand. Es folgten diverse Filme und mindestens drei Step Ups, die wir nicht gebraucht hätten und dann war es auf einmal vorbei. Bis auf vereinzelte Videos war es plötzlich nicht mehr angesagt zu tanzen. Das kann jetzt natürlich nicht pauschal für alle gesagt werden, siehe Beyoncé’s »Formation«, aber insgesamt ist die Spaltung im Hip Hop zwischen verdammt guten Musikvideos (Rocky’s »D.M.B«) und verdammt schlechten (quasi der gesamte Katallog von DJ Khaled) sehr groß geworden.
Spätestens seit Jungle gibt es aber wieder einen deutlichen Umschwung in der Musikindustrie. Ihr letztes Album »Volcano« diente als Soundtrack für die Choreographien von Shay Latukolan. Die Geschichte der Songs wird endlich wieder durch Tanz erzählt. Genau das sieht man auch im Musikvideo zu der neuen Single des Londoner Jazz Ensembles Ezra Collective. »God Gave Me Feet For Dancing« bietet die perfekte Grundlage für die wunderschöne Choreographie der Tänzer*innen Kikz Katinka und Michele. Das Video versetzt uns direkt an einen perfekten, lauen Sommerabend: billiger Wein, gute Gesellschaft und tanzen, alles andere ist unwichtig. Der Track ist die erste offizielle Single des kommenden Albums »Dance, No One’s Watching« welches am 27. September erscheinen soll. Bei dem Titel können wir uns wohl darauf einstellen, dass dies nicht das letzte Musikvideo mit Tanz im Fokus bleiben wird.
Jeshi – »Total 90«
Auf Jeshi’s neuem Track ist der Name absolut Programm, mehr Neunziger geht nicht. Untermalt von dem Sample »Song 2« von Blur aus 1997 gibt uns der Song sofortige Sehnsucht nach den UK Naughties.
Alle, die jetzt nicht so im Thema UK Musik sind, oder 2000 nicht 3 Engel für Charlie geguckt haben, sollten den Song zumindest von Fußballspielen kennen. Der FC St. Pauli benutzt den Track schon lange als Lied für jedes Heimtor und auch in der aktuellen EM ist der Track regelmäßig nach einem Torschuss zu hören. Warum die Neunziger Jahre von Jeshi leider nicht immer nur einfach waren, beschreibt er auf »Total 90«. Das Rad wird hier nicht neu erfunden, aber Spaß bringt es uns trotzdem.
Lola Young – »This Wasn’t Meant For You Anyway«
Das Lola Young bei unseren artists to watch ziemlich weit oben steht, ist kein Geheimnis (zum Artikel geht es hier.). Sie ist die UK Künstlerin die unsere Großeltern wahrscheinlich als “frech“ oder etwas fieser als “Rotzgöre“ bezeichnen würden. Aber diese Attitüde ist genau das, was Lola Young so liebenswert macht. In ihren Texten geht sie wohl gegen alles, was die beige-cremefarbene-pastel-influencer-bubble uns auf Instagram über Mental Health und Selbstreflektion predigt. Aber so ist ja auch kaum jemand im richtigen Leben.
Lola Young verarbeitet ihre realen und sehr direkten Gedanken. Ein bisschen Kate Nash, ein bisschen Lily Allen, aber noch ein bisschen rockiger und zugeschnitten auf die Young Adults der heutigen Zeit (es bringt aber auch allen über fünfundzwanzig große Freude beim Hören). Lola Young hat nach Singles wie »Big Brown Eyes« und »Fuck« nun endlich das dazugehörige Debüt Album »This Wasn’t Meant For You Anyway« veröffentlicht. Es schließt diese doch sehr britische Woche perfekt ab. Auch wenn England gerade in Sachen Fußball nicht ganz so doll glänzt zeigen Künstler*innen wie Lola Young, dass UK Artists trotz aller erschwerten Umstände musikalisch immer noch ganz vorne mitmischen. Sehr großartiges Debüt, dem man unbedingt eine Chance geben sollte.