Es ist wieder Zeit für den Mostdope-Jahresrückblick. Jeden Adventssonntag blicken wir auf das Jahr 2024 zurück und stellen euch unsere Bestenlisten in verschiedenen Kategorien vor. Welche Künstler*innen haben das zurückliegende Jahr mit ihren Songs, EPs oder Alben am meisten geprägt für uns?
Zum 3. Advent stellen wir euch hier unsere Top 10 der internationalen Alben vor. Welche Tracks aus diesem Jahr hat die Redaktion am meisten gefeiert?
Honorable Mentions
Bevor die vordersten zehn Plätze kommen, gibt es hier noch einmal eine Auswahl an Tracks, die das Ranking nur ganz knapp verpasst haben. Unter den über 40 zur Auswahl stehenden Alben bei unserer Bestenliste haben es diese Langspieler zwar nicht ganz nach oben geschafft, aber unser Jahr 2024 stark geprägt.
• Childish Gambino – Bando Stone And The New World
• Clairo – Charm
• Mach-Hommy – #RICHAXXHAITIAN
• Nia Archives – Silence Is Loud
• Noga Erez – The Vandalist
• BigXthaPlug – TAKE CARE
Platz 10: Rapsody – Please Don’t Cry (VÖ: 17.05.)
Rapsody feiert mit der Veröffentlichung von »Please Don’t Cry« ein erfolgreiches Comeback, nachdem Fans fünf Jahre seit »Eve« warten mussten. Auf diesem Album stellt sich Rapsody selbst einige schwerwiegende Fragen: Wer bin ich? Und vor allem: Wer bin ich ohne den Erfolg, der mir zusteht? Was bedeutet es, eine Schwarze Frau in der Musikindustrie zu sein, die sich nicht in das Schema X einfügt?
Die Antwort auf diese und weitere Fragen erörtert Rapsody auf 22 Songs. Obwohl das Album kritisch sehr erfolgreich war, verdeutlichen die Grammy-Nominierungen, dass Rapsody mit ihren Annahmen nicht ganz unrecht hat: Mit einem Penis wäre sie längst Teil der GOAT-Debatten. Ohne diesen ist der Weg für sie deutlich schwerer, doch ihre Musik ist auch deutlich besser. Unseren Respekt hat Rapsody schon lange – und mit solch beeindruckenden lyrischen Fähigkeiten ist ihr ein Platz in unserer Top 10 immer sicher.
Platz 9: Mk.gee – Two Star & The Dream Police (VÖ: 09.02.)
Glaubt man den Stimmen diverser Szenegrößen, von Alli Neumann bis Levin Liam, so ist Mk.gee aktuell DER Lieblingsartist eurer Lieblingsartists. Bereits im im vergangenen Jahr konnte der 28-Jährige mit der Single »Are You Looking Up« auf sich aufmerksam machen. Den Hype wusste er auf seinem bereits dritten Studioalbum »Two Star and The Dream Police« vollends zu bestätigen. Mit experimentierfreudigen, aber wohlabgestimmten Produktionen und seiner prägnanten Stimme erzeugt Mk.gee einen Sound, den man 2024 gehört haben muss!
Platz 8: ScHoolboy Q – Blue Lips (VÖ: 01.03.)
Nach dem eher enttäuschenden »CrasH Talk« vor fünf Jahren waren die Erwartungen an ScHoolboy Qs neuen Album hoch. Doch mit der Veröffentlichung seiner Single »Yeern 101« im Februar war schnell klar, dass sich die Fans auf etwas Besonderes freuen dürfen. Das Album überzeugt mit starker Produktion, vielseitigen Samples und zeigt eine neue, experimentelle und ruhigere Seite von Q. Er setzt auf einen weniger aggressiven Sound und gewährt tiefe Einblicke in persönliche Themen. Besonders sein Tribut an Mac Miller mit dem Song »Blue Slides« sticht dabei hervor und zählt zu den emotionalsten und besten Tracks seiner Karriere. Während TDE-Kollege Ab-Soul vor rund zwei Jahren mit seinem Album »Herbert« einen ähnlichen Ansatz vorgelegt hat, setzt ScHoolboy Q mit »Blue Lips« noch einen drauf und liefert eines der besten Rap-Alben des Jahres.
Platz 7: 070 Shake – Petrichor (VÖ: 15.11.)
Auf ihrem neuesten Studioalbum macht 070 Shake da weiter, wo sie auf dem Vorgänger »You Can’t Kill Me« aufgehört hat und entfernt sich dabei noch weiter von ihren Hip-Hop Wurzeln. »Petrichor« nimmt gewisse Popzüge und die mächtigen Synths Mike Dean‘s und tauscht sie gegen eine imposante Oper über Sehnsucht und Versuchung, voller emotionsgeladener Hymnen. Dani Moon nimmt uns mit auf einen sphärischen Tanz zwischen Nacht und Tag und Ekstase und Reue, wobei die genreübergreifende Vielseitigkeit der Künstlerin beispielhaft zum Vorschein kommt. Von düsteren Klavier-Balladen über Post-Punk und Surf-Rock zu dystopischem Jersey-Pop und poetischem Spoken-Word hält die LP viele Überraschungen bereit, wobei sie ihrer künstlerischen Essenz jedoch treu bleibt.
Platz 6: Charli xcx – brat (VÖ: 07.06.)
Kaum ein Tag seit Februar ist vergangen, wo man nicht irgendwo in den Weiten des Internets (und häufig auch analog im Alltag) über einen giftgrünen Hintergrund mit gestretchter Arialschrift gestolpert ist. Charli xcx hat mit ihrer »brat«-Ästhetik das ganze Jahr geprägt und es gar bis hinein in den US-Wahlkampf geschafft. Doch das Popkulturphänomen ist weit mehr als nur Memes und das vielleicht cleverste Marketing der jüngeren Musikgeschichte. Inhaltlich hat Charli mit ihrem sechsten Album ein astreines Elektro-Hyperpop-Gefüge geschaffen, das seine Stärken vor allem in Ausdruck, nicht aus dem Kopf zu kriegenden Melodien und Konfrontivität findet. Kein 2024 ohne »brat«.
Platz 5: JPEGMAFIA – I Lay Down My Life For You (VÖ: 01.08.)
Nach dem gemeinsamen Album mit Danny Brown und dem Motto »Scaring The Hoes« im letzten Jahr könnte man bei diesem Album eher von »Comforting the Hoes« sprechen – doch so einfach ist es auch nicht. JPEGMAFIA bleibt natürlich auch in diesem Jahr seinem experimentellen und aggressiven Hip-Hop-Stil treu, liefert allerdings auch ruhigere und sanftere Klänge. Songs wie »either on or off the drugs«, »Don’t Put Anything on the Bible« oder »i recovered from this« zeigen eine neue Seite des Künstlers, der über das Album hinweg offensichtlich seine Liebe zu Streichinstrumenten entdeckt hat. JPEGMAFIA vereint energiegeladene Tracks und introspektive Momente, die seine musikalische Vielseitigkeit und kreative Entwicklung erneut unter Beweis stellen. Peggy wächst als Person von Album zu Album und ist noch lange nicht am Ende.
Platz 4: Tyler, The Creator – CHROMAKOPIA (VÖ: 28.10.)
Damit hatte dieses Jahr wohl niemand mehr gerechnet: Tyler, The Creator veröffentlicht Ende Oktober »Chromakopia« und bricht damit seinen zweijährigen Albumzyklus – doch das nimmt ihm wohl niemand übel. Tyler gewährt tiefe Einblicke in seine Psyche und zeigt sich so reflektiert und erwachsen wie nie zuvor. Mit einer Mischung aus Jazz, Soul, R&B und Hip-Hop präsentiert Tyler eine Seite, die persönlicher und verletzlicher kaum sein könnte. Statt über Reichtum und Reisen zu rappen, reflektiert er über die Höhen und Tiefen seines Lebens, den Druck des Ruhms und seine Ängste vor der Zukunft. Ein Album, das eindrucksvoll unterstreicht, welche musikalische Entwicklung Tyler, The Creator durchlaufen und welchen Stellenwert er im Rap-Game erreicht hat – oder in seinen eigenen Worten: „The biggest out the city after Kenny, that’s a fact now.“
Platz 3: Vince Staples – Dark Times (VÖ: 24.05.)
Ein Album, das dem Jahr entsprechend kaum passender benannt sein könnte. Es waren verdammt dunkle Zeiten und trotzdem hat Vince Staples uns mit »Dark Times« einen kleinen Lichtblick beschert. Der Künstler aus Compton hatte keinen leichten Start. Er ist nach eigener Aussage weder ein großer Networker noch ein Partygänger, doch durch verdammt viel harte Arbeit und die Unterstützung anderer Artists wie Mac Miller und Earl Sweatshirt hat Vince Staples es geschafft.
Neben der Musik wurde dieses Jahr seine sehr düstere und witzige Serie The Vince Staples Show von Netflix um eine zweite Staffel verlängert. »Dark Times« ist sein sechstes Studioalbum und gleichzeitig das letzte unter dem Label Def Jam. Das Album ist ein melancholisch geladenes Werk, welches fast schon wie ein Soundtrack zur Serie dient. Für uns ein absolutes Highlight – und wir sind sehr gespannt, was danach kommt.
Platz 2: Kendrick Lamar – GNX (VÖ: 22.11.)
Nach einem sowieso schon denkwürdigen Run in 2024, vollgepackt mit Disstracks gegen wahlweise Drake oder gleich die ganze Industrie sowie dem Zuschlag für die Superbowl-Halftimeshow, droppt Kendrick Lamar kurz vor Ende des Jahres auch noch ein ganzes Album. »GNX« ist nicht nur wegen des titelgebenden Grand National eine musikgewordene Ehrenrunde, beinahe eine Art Autofahrt durch die Viertel Los Angeles’ und die ganze Westküste. Es ist ein Sich-Feiern-Lassen von einer ganzen Stadt, gar einer ganzen Küste und ganz nebenbei eines der handwerklich besten Alben des Jahres, das beweist: Kendrick braucht nicht immer ein schlingpflanzengeflechtartiges Konzept, um eine Big 3 zu Big Me zu machen.
Platz 1: Doechii – Alligator Bites Never Heal (VÖ: 30.08.)
Was sollen wir noch schreiben, was in den letzten Monaten nicht schon über Doechii und ihr Album »Alligator Bites Never Heal« gesagt, geschrieben und auf Konzerten geschrien wurde? Nach zwei schrägen, aber eher unterschätzten Projekten – »Coven Music Session, Vol. 1« und »Oh, The Places You’ll Go« – scheint Doechii nun endgültig ihren Platz bei TDE gefunden zu haben.
Das Ergebnis ist ein Album, das dieses Jahr den Hip-Hop maßgeblich geprägt hat. Dabei ist sie sich selbst komplett treu geblieben und hat ihren eigenen Stil, ihre lyrischen Fähigkeiten und ihre Sexualität stolz zur Schau gestellt. In einer Szene, die mit starken Frauen nicht immer gut umgeht, setzt sie ein wichtiges Zeichen und stellt ein großes Vorbild dar. Mit einem Approved-Stempel von Kendrick Lamar und einer Tiny Desk Performance, die alle in den Schatten stellt, hat sich die Herrscherin des Swamps verdient auf den Thron in unserer Liste gesetzt.