Staff Pick: Sido - Ich
Label: Aggro Berlin

Sido – Ich

„Er ist momentan einer der umstrittensten Rapper – viel hassen ihn, viele mögen ihn“ – die auf »Goldjunge« eingespielte Anmoderation von Stefan Raab über Sido fasst ganz gut zusammen, wie die damalige Wahrnehmung von Sido zu den Zeiten seines zweiten Albumrelases »Ich« in Deutschland ist. Hip-Hop hat in Deutschland noch lange nicht das Mainstream-Standing von heute und insbesondere (Berliner) Deutschrap spaltet seit ein paar Jahren die Lager. Und genau da legt Sido 2006 mit seinem zweiten Album »Ich« nach und sorgt für weiteren Zündstoff.

Während sich das Debüt »Maske« aus 2004 noch vor allem um sein Leben vor der Karriere als Rapper dreht, ist »Ich« deutlich fokussierter auf das neue Leben als erfolgreicher Künstler. Und während der Vorgänger rougher und unnahbarer war, liefert Sidos zweites Soloalbum, wie der Name schon verrät, etwas mehr Einblicke hinter die Person hinter der Maske. »Ein Teil von mir« oder »Ich kiff nicht mehr« sind gute Beispiele für die persönlichen, reflektierten Songs dieser Art.

Trotzdem gibt es natürlich auch genügend der Songs, die in ganz klassischer Aggro Manier kommen und die den Sido von damals ausmachen. In einer unfassbaren Hitdichte reihen sich legendäre Solotracks wie »Goldjunge« und »Schlechtes Vorbild« direkt aneinander, während später mit Gästen des Kalibers Peter Fox oder Smif-N-Wessun zusammen einer drauf gemacht wird. Natürlich ist auch das Aggro-Camp nicht zu knapp vertreten.

Bei all dem Geflexe und Straßenrap übrigens nie zu vergessen: Sidos unschlagbarer Humor. Die Skitreihe »Peilermann & Flow« findet hier ihren Ursprung und Lines wie „Warum geht Andrea Berg fünf mal Platin – und wer ist Andrea Berg eigentlich?“ sind schlicht großartig.

»Ich« ist ein Album, das vor allen Dingen riesigen Spaß zu hören macht und besonders jetzt mit schön viel Rückblick einfach nur perfekt diese legendäre Phase des Deutschraps einfängt. Sido konnte schon damals beweisen, dass dieses Genre eben viel vielschichtiger ist, als es von außen teilweise wahrgenommen wurde.